Miniserie im ZDF: Der Walter White von Bad Nauheim
Bastian Pastewka macht in seinem Fünfteiler auf „Breaking Bad“. Humor-Signale in einen ernsten Plot stecken, kann das funktioniern? Ja.

Was macht man, wenn man als treu sorgender Familienvater in finanzielle Not gerät, aber eine Druckerei besitzt, die überhaupt der Grund der Geldnot ist, weil in den durchdigitalisierten Zeiten die Nachfrage nach Druck-Erzeugnissen rapide sinkt? Genau, man druckt sich das Geld, das einem die Bank nicht mehr geben will, obwohl man doch mit einem der Chefbanker im Tennisclub ist und ihn immer gewinnen lässt, einfach selbst.
Tatsächlich ist das genauso naheliegend, wie wenn man als treu sorgender Familienvater, der gleichzeitig gelernter Chemiker ist, plötzlich anfängt, Crystal Meth zu kochen, um dann zur zunehmend skrupellosen lokalen Drogengangstergröße auf- oder abzusteigen.
Dieser Chemielehrer heißt Walter White und war der, nun ja, Held einer der besten Fernsehserien überhaupt: „Breaking Bad“. Der dystopische Bildungsroman wurde erst im US-amerikanischen, dann auch im deutschen Fernsehen (Arte) über fünf Jahre und 62 Folgen erzählt. Danach folgte das Spin-off „Better Call Saul“, das auf der diesjährigen Berlinale vorgestellt wurde.
Nun, da der Chemielehrer auserzählt ist und es Walter White nur noch als Action-Figur gibt, zeigt das ZDF eine fünfteilige Miniserie, deren Inspirationsquelle offenkundig ist – nur mit dem Unterschied, dass fünf Folgen keine langsam entwickelte Transformation erlauben wie im Falle Walter Whites.
Der „Pastewka“-Pastewka
So beichtet der Druckereibesitzer seinen Sündenfall der Ehefrau bereits am Ende der ersten Folge – während Walter White sich dafür zwei Staffeln Zeit ließ und die Spannung der Serie nicht zuletzt auch in Whites Verstecken lag. Dazu kommt, dass der Druckereibesitzer, Jochen Lehmann, von Bastian Pastewka gespielt wird.
Der ist vor allem als Comedian bekannt, zum Beispiel aus der Sat.1-Serie, die so heißt wie er: „Pastewka“. Der „Pastewka“–Pastewka ist ein liebenswerter Egozentriker voller Ticks und Idiosynkrasien, aber ohne (nicht nur eingebildete) existenzielle, zumal materielle Probleme.
Jochen Lehmann, der Druckereibesitzer vor der Pleite, ist ein realistischer Jedermann. Wenn das jüngste von drei Kindern nicht mit auf die Klassenfahrt kann, weil das Geld dafür nicht da ist, kann das nicht komisch gemeint sein. Wenn Lehmanns Frau (Susanne Wolff) ihm mit einem Provinz-Elvis zum passenden Soundtrack Hörner aufsetzt, kann das nicht anders als komisch gemeint sein. Wenn man Jochen Lehmann mit Bastian Pastewka besetzt und nicht mit Heino Ferch, hat das einen Grund.
Irgendwie ironisch lustig
Es liegt weniger daran, dass man bei Pastewka immer „Pastewka“ mitdenkt. Das tut man bei Matthias Matschke auch, der in „Pastewka“ den Bruder von Pastewka spielt und der im Fernsehen im Moment gerade so präsent ist wie kein anderer Schauspieler – und das nicht mehr nur in komischen Rollen. Jan Böhmermann erzählt gern, wie er als Volontär bei Radio Bremen als Nachrichtensprecher ausgemustert worden sei, weil selbst eine Nachricht über einen Terroranschlag bei ihm immer wie ein Witz geklungen habe. Auch Bastian Pastewka wirkt dann noch irgendwie ironisch lustig, wenn er so aussieht, als wollte er es partout vermeiden. Das heißt nicht, dass er eine Fehlbesetzung ist.
„Morgen hör ich auf“, ZDF, fünf Teile ab 2. Januar 2016, immer samstags, 21.45 Uhr
Der Bösewicht der Serie ist ein von Georg Friedrich gespielter Kleinkrimineller, der in das Haus der Lehmanns einbricht. Er hat Jochen Lehmann mit einem falschen Fünfziger – Lehmann fälscht ausschließlich Fünfziger – erwischt und erpresst ihn nun, mobbt seine Familie, will eine Million in falschen Fünfzigern, sonst ... Walter White würde ihn zweifellos umbringen. Aber was macht Jochen Lehmann, der Walter White light aus der hessischen Provinz? Er übernachtet erst mal auf der Treppe.
Also, kann das funktionieren: Pastewka und einige andere Humor-Signale in einen im Grunde ernsten Plot stecken, der aber natürlich eine Räuberpistole ist, inszeniert von einem altgedienten Krimi-Regisseur (Martin Eigler: „Tatort“, „Stralsund“)? Kann ein Mix aus „Breaking Bad“ und „Pastewka“ gut werden?
Eindeutige Antwort: ja.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!