Minderjährige Schmuggler in Simbabwe: Als Tafadzwa seine Unschuld verlor
Am größten Umschlagplatz für Handelswaren schlagen sich hunderte Straßenkinder allein durch. Sie sind in kriminellen Banden das unterste Glied.
![Mehrere Jugendliche sitzen am Straßenrand Mehrere Jugendliche sitzen am Straßenrand](https://taz.de/picture/2375825/14/19496751.jpeg)
Tafadzwa ist 15. Er ist drogensüchtig, er ist Waisenkind. Als seine alleinerziehende Mutter in Simbabwes Hauptstadt Harare starb, war er sieben Jahr alt. Er verbrachte drei Jahre auf der Straße und ernährte sich aus Mülleimern.
Dann hörte er: An der Grenze zu Südafrika kann man gut Geld verdienen. Er versteckte sich in einem Lastwagen nach Beitbridge, mit einem Stück Brot und etwas Wasser. Die Reise dauerte ewig. Eine Woche hing er dann am Busbahnhof Dulivhadzimo herum, bis ihn eine Frau namens MaMoyo als Wasserverkäufer anstellte.
„Ich arbeite jetzt“, sagt der 15-Jährige stolz. „Ich bin auch der Chef der anderen Kinder, die für meinen Boss arbeiten.“
Bei MaMoyo wohnt Tafadzwa inzwischen auch. Sie hat insgesamt sechs Kinderarbeiter in einem Zimmer bei sich zu Hause in Mfelandawonye in Dulivhadzimo. Ihre eigenen Kinder leben da nicht, „dies ist kein Ort für Kinder“, sagt sie.
Tafadzwa und die anderen Straßenkinder sind für MaMoyo keine Kinder mehr. Tafadzwa ist drogenabhängig, er stiehlt, raucht und betreibt Glücksspiele. Vor einem Jahr wurde er vergewaltigt – von MaMoyo, seiner Beschützerin. Er hatte keine Wahl. In Simbabwe liegt das Mündigkeitsalter, ab dem Geschlechtsverkehr legal ist, bei 12.
Durch Armut in die Kriminalität gezwungen
Überall in Beitbridge sieht man Kinder, die als Träger oder Verkäufer arbeiten. Der Ort gilt als einer der größten Warenumschlagplätze Afrikas. So gut wie alle Güter des täglichen Bedarfs bezieht Simbabwe aus Südafrika – über Beitbridge.
Mindestens 150 Straßenkinder leben in der Grenzstadt, sagt ein Beamter der Wohlfahrtsbehörde, aber das seien nur diejenigen, mit denen seine Behörde Kontakt habe. „Die meisten sind gekommen in der Hoffnung, nach Südafrika zu gelangen“, erklärt er und sagt, er könne nichts für sie tun. „Wir haben kein Geld, um sie nach Hause zu bringen, oder um die Einzelfälle zu prüfen.“
Auf der anderen Seite der Grenze äußert sich Kinderpsychologe Kiabetso Malutha kritischer. „Beitbridge ist verseucht mit Kindern, die aus ganz Simbabwe kommen, um Arbeit zu finden oder nach Südafrika weiterzuziehen“, sagt der Südafrikaner, der an der Universität Limpopo lehrt. „Sie haben einen Armutshintergrund, der sie zwingt, die Schule zu verlassen. Sie enden als Drogenabhängige, Verbrecher und Opfer von Geschlechtskrankheiten oder Aids, besonders die Mädchen, die sich prostituieren, um zu überleben.“
Sie sind auch ein Machtfaktor. Vergangenes Jahr verhängte die Regierung von Präsident Robert Mugabe in Simbabwe ein Importverbot für Konsumgüter aus Südafrika. Die Straßenkinder von Beitbridge gingen auf die Straße: Sie plünderten Läden und Warenlager, hauten Autos kaputt und zerstörten Straßenschilder. Güter im Wert von mehreren Millionen Dollar wurden vernichtet.
Kiabetso Malutha sagt, man muss mit diesen Kindern viel früher zu arbeiten anfangen. „In Südafrika kümmert man sich um ihre Schulgebühren und ihre Kleidung“, erklärt er. Simbabwes Wohlfahrtsbehörden hätten dafür aber kein Geld. Das wurde kürzlich auch in Simbabwes Parlament thematisiert. Der Wohlfahrtsausschuss bemängelte fehlende Finanzierung seitens der Regierung.
Oft haben die Kinder keine Eltern mehr. Ihre Großeltern müssen sich um sie kümmern und können es nicht. „Die schlechte Wirtschaftslage macht die Lage schwieriger“, sagt Kudakwashe Munyoro von der Organisation Women and Law in Southern Africa. „Die Regierung (in Simbabwe) hat ihre Verantwortung vernachlässigt, Grundbildung, Basisdienste wie Wohnraum und Basisversorgung wie Nahrung zur Verfügung zu stellen.“
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