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Minderheitskoalition in PortugalMit Hilfe Rechtsextremer das Ausländergesetz verschärft​ ​

Die Mitte-rechts-Regierungskoalition bringt ein Gesetz für erschwerten Familiennachzug und eingeschränkte Arbeitsvisa für Migranten durchs Parlament.

Macht gemeinsame Sache mit der ultrarechten Partei Chega (Genug): Portugals Ministerpräsident Luis Montenegro (PSD) Foto: Daniel Pier/imago

Madrid taz | „Mit der Chega auf keinen Fall,“ hatte Portugals Ministerpräsident Luis Montenegro im Wahlkampf immer wieder erklärt. Doch nur zwei Monate nach seinem Wahlsieg ließ am Mittwoch der Vorsitzende der konservativen Sozialdemokratischen Partei Portugals (PSD) gemeinsam mit eben dieser ultrarechten Partei Chega (Genug) im Parlament ein Gesetzespaket verabschieden, das die Einwanderung beschränken soll und den im Lande lebenden Migranten bisherige Rechte nimmt.

Die Initiative wurde mit den Stimmen der Abgeordneten des in der Minderheit regierenden Bündnisses aus Demokratischer Allianz (AD), Montenegros PSD, der christdemokratischen CDS-PP sowie der Chega angenommen. Die gesamte Linke – allen voran die Sozialistische Partei (PS) – stimmte dagegen, die Liberalen (IL) enthielten sich.

Das neue Ausländergesetz erschwert die Einwanderung für Menschen aus den portugiesischsprachigen Ländern Brasilien und Ost-Timor, die künftig außer für touristische Zwecke ein Aufenthaltsvisum benötigen.

Außerdem wird die Familienzusammenführung für Migranten deutlich erschwert. Wer eine solche beantragt, muss künftig mindestens zwei Jahre legal im Land gelebt haben. Bisher konnte sie sofort nach dem Erhalt einer Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung beantragt werden.

Nachweis „stabiler und regelmäßiger Einkünfte“ gefordert

Zudem müssen Antragsteller fortan nachweisen, dass sie über eine entsprechende Wohnung und das Einkommen für alle Familienmitglieder verfügen. Es müssen „stabile und regelmäßige Einkünfte“ nachgewiesen werden, die den eigenen Lebensunterhalt und den der Familienangehörigen decken, „ohne dass Sozialhilfe in Anspruch genommen werden muss“, heißt es im Text. Die Bearbeitung für Anträge kann künftig bis zu neun statt drei Monate betragen.

Befinden sich die Verwandten, mit denen die Familienzusammenführung erfolgen soll, bereits in Portugal, wird dies nur anerkannt, wenn sie minderjährig sind und legal eingereist waren. Dazu reicht ein Touristenvisum. All das soll die Einwanderung von Personen für hochqualifizierte Tätigkeiten fördern, lautet die offizielle Begründung für die Gesetzesverschärfung. Diese Berufsgruppen werden bei der Familienzusammenführung bevorzugt behandelt.

Ende 2024 zählte die Agentur für Integration, Migration und Asyl (AIMA) 1,5 Millionen ausländische Einwohner in Portugal. Das sind viermal mehr als 2017 und entspricht 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mehrere Hunderttausend Anträge auf Aufenthaltsgenehmigung werden derzeit bearbeitet. Premier Montenegro kündigte Anfang Juni die Abschiebung von 34.000 Menschen an, deren Antrag abgelehnt wurde.

Ein zweites Gesetz, das ebenfalls am Mittwoch verabschiedet wurde, sieht für genau diese Fälle die Einrichtung einer speziellen Grenzschutzeinheit innerhalb der Polizei für öffentliche Sicherheit (PSP) vor.

Auch Staatsbürgerschaftsgesetz soll verschärft werden

Nach der Zustimmung des Parlaments liegt das neue Ausländergesetz jetzt Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa vor. Der konservative Politiker hat 20 Tage Zeit, es mit seiner Unterschrift in Kraft zu setzen oder ein Veto einzulegen und das Verfassungsgericht anzurufen.

Nach der Sommerpause werden die Immigranten erneut das Parlament beschäftigen. Dann will Montenegro das Staatsangehörigkeitsgesetz reformieren. Das Recht auf Staatsbürgerschaft für Kinder von Migranten, die in Portugal geboren wurden, soll abgeschafft werden. Auch sollen für eine schwere Straftat verurteilte Migranten eine bereits erteilte Staatsbürgerschaft wieder verlieren können.

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1 Kommentar

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  • "muss künftig mindestens zwei Jahre legal im Land gelebt haben"



    Und was ist daran jetzt verkehrt?