piwik no script img

Millionen Tote wegen Umweltzerstörung„Die Welt ist nicht auf Kurs“

Laut dem Ökobericht der UNO geht die Umweltzerstörung weiter, die Nachhaltigkeitsziele sind gefährdet. Doch sieht das Papier auch Chancen.

Luftverschmutzung und verseuchtes Wasser forderten 2015 rund 9 Millionen Tote Foto: reuters

Berlin taz | Die Ökokrise fordert ihre Opfer: Im Jahr 2015 starben nach Schätzungen der Uno weltweit etwa 9 Millionen Menschen vorzeitig durch Umweltverschmutzung. Hauptgrund waren „Luftverschmutzung außer- und innerhalb von Gebäuden, aber auch verseuchtes Wasser“. Zu diesem Ergebnis kommt der 6. Welt-Umweltbericht, GEO-6 von 2019, den das UN-Umweltprogramm Unep in der kommenden Woche vorstellen will. Die „Zusammenfassung für Entscheider“ liegt der taz vor.

Der Global Environmental Outlook wird im Abstand von mehreren Jahren von der Unep veröffentlicht, um einen Überblick über den ökologischen Zustand der Erde zu vermitteln. Der aktuelle Bericht mit dem Titel „Gesunder Planet, gesunde Menschen“ befasst sich vor allem mit dem Zusammenspiel von ökologischen und sozialen Fragen und dem Problem, wie die Nachhaltigkeitsziele der Uno zu erreichen sind. Ab 11. März tagt in Nairobi, dem Hauptsitz von Unep, die Versammlung ihrer Mitgliedsstaaten (UNEA). Bei dem Treffen wird es auch darum gehen, den Bericht zu diskutieren und zu beschließen.

Tenor der 26-seitigen Zusammenfassung: „Insgesamt ist die Welt nicht auf Kurs, um die ökologischen Ziele der nachhaltigen Entwicklung bis 2030 und die international vereinbarten Umweltziele bis 2050 zu erreichen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, diese Trends umzukehren und die Gesundheit der Umwelt und der Menschen wiederherzustellen.“

Gleichzeitig, so der Bericht, gibt es aber durchaus auch gute Chancen für Fortschritt: Investitionen in Klimaschutz, saubere Energien und eine bessere Landwirtschaft seien rentabel. Zudem könnten sie gleichzeitig die Gesundheitslage verbessern und die Umwelt schonen.

Der Bericht liefert eine Vielzahl von erschreckenden Daten. Seit dem ersten GEO 1997 habe sich „der Zustand der Umwelt weiterhin verschlechtert“, auch wenn es viele Beispiele für Verbesserungen gebe. Allein die Luftverschmutzung verursache jährlich weiterhin nicht nur 6 bis 7 Millionen vorzeitige Todesfälle, sondern richte volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von etwa 5 Billionen Dollar an.

„Klimaschutz, bessere Luft, saubere Energien“

Die Artenvielfalt schwinde, heute seien 42 Prozent aller wirbellosen Tiere an Land und 34 Prozent der wirbellosen Süßwasserarten vom Aussterben bedroht. Dazu kommt: „Abfall im Meer, darunter Plastik und Mikroplastik, findet sich nun in allen Ozeanen, in allen Wassertiefen.“

Kleine Schritte in der Umweltpolitik allein werden nicht ausreichen

Der Verlust von Ackerland schreitet laut UN-Daten voran, 29 Prozent der weltweiten Anbaufläche seien von Bodenverschlechterung bedroht. Die Zerstörung der Wälder habe sich zwar verlangsamt, gehe aber weiter. Und auch wenn viele Länder ihren Baumbestand ausbauten, rette das nicht die wertvollen Naturwälder, weil es häufig „durch Plantagen und Aufforstungen“ geschehe. Der Druck auf das Land werde mit dem Wachsen der Bevölkerung zunehmen, warnt die Unep: „Um 10 Milliarden Menschen 2050 zu ernähren, braucht es 50 Prozent mehr Produktion von Nahrungsmitteln“.

Um die UN-Nachhaltigkeitsziele wie Bekämpfung der Armut und des Hungers, bessere Wasserversorgung und bessere Gesundheit zu erreichen, seien „transformative Veränderungen nötig“, heißt es. „Kleine Schritte in der Umweltpolitik allein werden nicht ausreichen.“ Die Politik müsse klarer auf diese Ziele ausgerichtet sein, privates Kapital sei notwendig, ebenso eine Änderung der Konsum- und Produktionsmuster.

Der Bericht sieht durchaus Chancen für Verbesserungen: Mehr Rechte und bessere Ausbildung für Frauen und indigene Völker könnten umweltbewusstes Landmanagement und allgemein die Nachhaltigkeitsziele fördern. Die Rettung von bedrohten Böden für den Ackerbau habe „wirtschaftlich Sinn, der Nutzen ist bei Weitem größer als die Kosten“, heißt es.

Drei Nachhaltigkeitsziele sind laut dem Unep-Bericht gleichzeitig zu erreichen: „Klimaschutz, bessere Luft, saubere Energien.“ Werde die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt, könnten die Volkswirtschaften weltweit zudem über 50 Billionen Dollar im Gesundheitssystem einsparen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Schauen Sie sich die Prognosen der UNO von 1970 an.



    Der Welt geht es heute besser denn je.



    Ein Blick auf den "Ignorance Project", www.gapminder.org schadet nicht.

    • @Karl Johansson:

      Bitte lesen Sie regelmäßiger den Umweltteil der Taz und meinetwegen auch der Tagesschau. Sie werden feststellen, daß das Klima extrem schnell auf einen Point of no return (Kippelemente des Erdsystems, Prof. Schellnhuber, PIK) zusteuert. Weiterhin der Schwund von Arten - das Insektensterben war 1970 noch nicht bekannt - und die Verschmutzung der Weltmeere, Flüsse usw. Schauen Sie auch in die neuen Bücher von Prof. Harald Lesch.

  • Das Hauptproblem ist daß ein kleinerer Teil der Weltbevölkerung ins Saus und Braus auf Kosten des restlichen Teils der Weltbevölckerung leben.



    Dem Billigeinkäufer bei H&M und Co. ist es schlichtweg egal wieviel Menschen aufgrund der erbärmlichen Umwelt- und Sozialbedingungen der Textilindustrie in armen Ländern sterben. Dem Omnivoren ist es egal, was Fleisch- und Kuhbabymilchkonsum an imensen Umwelt- und Klimaschäden anrichtet´. Dem SUV-Spaßfahrer ist es egal, wieviel graue Energie in seinem Panzergefährt steckt, welchen Klimaschaden er mit seiner spritfressenden Monstergefährt anrichtet.



    Dem Urlaubsflieger ist es schnuppe daß allein ein internationaler Flug hin und zurück so viel Treibhausgase in die Luft pustet, was zwei Inder im ganzen Jahr verbrauchen. Das 2°C- Ziel des Parisabkommens ist somit null zu erreichen. Es werden apokalyptische 4-5° !!!!!



    Fast alle Konsumenten im Wohlstandswesten kaufen konventionelle Lebensmittel. Die Agraridustrie mit zerstörerischen Pestiziden und Massentierhaltung lebt davon vortrefflich.



    Der Konsument und seine politisch Verbündeten wollen es nicht hören, daß sie die größten Ausbeuter und Umweltvernichter sind, die es jemals gab. Unser Wohlstand funktioniert allein durch Ausbeutung. Auch wenn man es nicht hören möchte.



    Und weiter sterben Millionen an den Folgen von Umweltgiften.



    Der Geiz ist geil- Konsument muß radikal umdenken. Ansonsten geht die Welt vor die Hunde.



    Schimpfen auf Politik und Wirtschaft hilft nicht. Denn die Wirtschaft und die Politik lebt vom Konsumenten !

    • @Traverso:

      "Schimpfen auf Politik und Wirtschaft hilft nicht. Denn die Wirtschaft und die Politik lebt vom Konsumenten !"

      Beides: es ist wie beim Junkie und sein Co.

      Wenn VW verspricht, Elektro müsse so erschwinglich bleiben wie bisher Verbrennungsmotor, dann zielen sie auf gleich hohe oder noch höhere Produktionszahlen. Und dafür verwenden sie alle Tricks aus der Werbepsychologie, die Leute davon zu überzeugen, sie hätten ein Recht auf Auto.

      "Ich will Spass, ich geb' Gas!"

  • Wenn die Menschheit nicht in der Lage ist, zu rechnen, muss sie halt aussterben.



    Selbst Kids von FFF können dann nicht mehr viel machen.



    Fuckin shit. Es war schön auf der Erde-



    Once upon a time...