Millionen Egal wie teuer Kevin de Bruyne schlussendlich wird: Sein Wechsel ist vor allem ein Menetekel: Krümel für alle!
Egal, ob Kevin de Bruyne nun 70 Millionen Euro kosten wird, 75 Millionen oder vielleicht sogar 80. Egal, ob er zu Manchester City geht oder doch vorläufig beim VfL Wolfsburg bleibt. Es ist sogar egal, sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, Paris St. Germain kauft den Belgier und lässt ihn noch ein Jahr in Wolfsburg spielen. Die Causa de Bruyne ist – unabhängig von ihrem Ausgang – vor allem eins: ein Symptom dafür, wie sich die Verhältnisse im Spitzenfußball gerade verändern.
Wir beobachten derzeit, wie die frischen Milliarden, die der neue Fernsehvertrag der Premier League ins Fußballgeschäft bringt, nicht nur in England, sondern in der ganzen Welt verteilt werden. Von der Unsumme, die Wolfsburg für den von seinen Kollegen zum besten Spieler der letzten Bundesligaspielzeit gekürten de Bruyne bekommen wird, kann sich der Werksklub zwei vielleicht nicht ganz so gute, aber auch nicht ganz schlechte Profis kaufen. Zum Beispiel bei, sagen wir mal, Leverkusen. Die haben dann wiederum genug Geld, um bei einem holländischen Ligadritten einen Brasilianer abzuwerben, der ein Jahr zuvor für ein Drittel des Preises zu haben gewesen wäre.
Kurz gesagt: Die Preise steigen. Das allein wäre noch kein Problem, ohne Inflation funktioniert der Kapitalismus nicht. Aber wenn sie zu schnell steigen, dann werden die Reichen, dafür sorgen die internationale Vermarktung und der Verteilungsschlüssel der Champions League, immer reicher – und die Armen dürfen nur mehr die Krümel aufpicken.
Die oft schon beschriebene Folge ist eine Zementierung der Machtverhältnisse. Sich für die Champions League zu qualifizieren, wie das Leverkusen am Mittwoch gelungen ist, bringt wohl 20 Millionen Euro in die Klubkassen. Das werden die Kommentatoren nicht müde zu erwähnen. Dass Leverkusen nun die Champions League gewinnen könnte, darüber aber spricht niemand. Das hat einen einfachen Grund: Leverkusen kann die Champions League nicht gewinnen, heute nicht und auch in Zukunft nicht. Das hat sich verändert seit 2002, als Leverkusen im Finale stand. 13 Jahre später haben nur noch fünf, sechs Klubs, die die optimale Mischung aus Tradition, Standort und Vermarktungsfähigkeit mit geschäftlichem Geschick vereinen, Chancen auf den Titel. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Beim wichtigsten Klubwettbewerb der Welt dabei zu sein, das hat für den Großteil der Teilnehmer keine sportliche Bedeutung mehr, sondern allein eine wirtschaftliche.
In der Bundesliga sieht es genauso aus. Während es noch nicht einmal sicher ist, ob Kevin de Bruyne in Manchester überhaupt regelmäßig spielen würde, zwei Versuche, sich in der Premier League durchzusetzen, sind schließlich bereits gescheitert, tritt Darmstadt in der Bundesliga mit Spielern an, die bei anderen, kaum besseren Vereinen ausgemustert wurden. Bei den drei, vier besten Bundesligaklubs sitzen dagegen ganze Nationalmannschaften auf der Bank, die sich für die Europa League qualifizieren könnten.
Perspektivisch bedeutet das für viele Profis, sie werden gut dafür bezahlt, ihrem Gewerbe nicht mehr nachzugehen. Und für die Fans, sie kriegen nur noch die Allerbesten und die nicht so guten zu sehen. Schöne Aussichten. Thomas Winkler
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