Militäreinsatz gegen Piraten: Robust wie nie
Die Bundeswehr verabschiedete die Fregatte "Karlsruhe", um die Flotte der EU in der Region vor der Küste Somalias zu unterstützen. Nun dürfen deutsche Soldaten Gewalt gegen Seeräuber anwenden.
Die weihnachtliche Stimmung währte nur kurz am Horn von Afrika: Erst feierte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung am Montagabend mit Soldatinnen und Soldaten der Marine eine Art vorgezogenen Heiligen Abend. Am Dienstagmorgen verabschiedete Jung schließlich die "Karlsruhe", die mit ihrer 220-köpfigen Besatzung den Hafen von Dschibuti verließ. Das Kriegsschiff soll in dem Seegebiet vor der Küste Somalias Seeräuber davor abschrecken, zivile Schiffe zu attackieren. Dass der deutsche Einsatz im Rahmen der EU-Mission "Atalanta" gefährlich werden könnte, daran ließ Jung keinen Zweifel. "So ein robustes Mandat hatten wir noch nie", sagte der Minister. "Es kann zu Kampfhandlungen kommen, und in diesem Sinne ist es ein Kampfeinsatz."
Der Kommandant der Fregatte, Hans-Joachim Kuhfahl, der in den vergangenen Wochen im Rahmen der Nothilfe auf See schon mehrere Piratenangriffe auf Frachtschiffe abgewehrt hat, weiß, was ihn erwartet. "Wir werden den Piraten ein klares Signal setzen. Ich kann Warnschüsse geben, verfolgen oder aber auch direkte Schüsse abgeben."
In der Nacht zum Dienstag wurde auf dem Schiff einer der beiden Kampfhubschrauber geparkt, mit dessen Hilfe geklärt werden soll, welche Schiffe im Golf von Aden tatsächlich eine Bedrohung darstellen.
"Es ist schwer, ein Fischerboot von einem Piratenschiff zu unterscheiden", warnt der Erste Offizier an Bord, Kapitän Ralf Kuchler. Für ein Eingreifen der "Karlsruhe" müsse ein "dringender Verdacht" auf Piraterie vorliegen. Wann das der Fall ist, liegt im Ermessen der Kommandeure der Atalanta-Mission. "Nur wenn wir Waffen sehen, ist die Sache klar", sagt Kuchler - oder wenn die Piraten auf frischer Tat ertappt werden. In einem solchen Fall war es in der Vergangenheit meist ausreichend, die Kampfhubschrauber auf die Piratenboote zufliegen zu lassen. Infolgedessen ziehen die kleinen Motorboote dann ab, weil sie in der Regel einen Angriff befürchten.
Doch mit Beginn der EU-Mission, so glauben manche Beobachter, haben viele Piraten ihre Boote aufgerüstet. Die Seeräuber beabsichtigen angeblich auch, gefälschte Funkrufe abzugeben, um das europäische Militär an falsche Orte zu manövrieren.
Insgesamt hat die EU drei Kampfschiffe, einen Versorger und drei Aufklärungsflugzeuge für die Mission abgestellt. Gemeinsam sollen sie ein Gebiet überwachen, das achtmal so groß ist wie Deutschland und in dem somalische Seeräuber in diesem Jahr mehr als 100 Schiffe entführt haben. Mehr als fünfzehn sind derzeit noch in ihrer Gewalt. Die EU-Mission soll Überfälle verhindern, zum Beispiel durch Geleitschutz.
Die zweite deutsche Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern", die im Rahmen der Antiterroroperation "Enduring Freedom" in den gleichen Gewässern unterwegs ist, soll nur im Notfall Hilfe leisten.
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