Militärbericht zu Gewalt gegen Rohingya: Armee streitet Vorwürfe ab
Birmas Armee hat die Flucht von 600.000 Rohingya nach Bangladesch untersucht. Es habe keine Gewalt gegen Zivilisten gegeben.

Vielmehr hätten sich die Soldaten zurückgehalten, heißt es. So hätten sie den Terroristen allenfalls in die Beine geschossen. Die Soldaten „haben nie auf unschuldige Bengalen geschossen“, heißt es in dem Bericht, den das Tatmadaw genannte Militär am Montag auf seiner Facebook-Seite in Englisch veröffentlichte.
Der Bericht spricht durchgängig von Bengalen. Das impliziert, dass Rohingya illegale Einwanderer aus Bangladesch sind und nicht Menschen einer ethnischen Minderheit, die zum Großteil seit Jahrzehnten in Birma leben. Das wurde vom Militär in Myanmar umbenannt. Offiziell gibt es im mehrheitlich buddhistischen Birma keine muslimischen Rohingya, sondern nur Bengalen.
Am 25. August hatte eine Rohingya-Rebellengruppe 30 Militär- und Polizeiposten angegriffen. Seitdem flohen mehr als 600.000 Rohingya vor der Vergeltung des Militärs vom westbirmesischen Rakhine-Staat ins benachbarte Bangladesch.
Keine Flüchtlinge befragt
Dort berichten sie von der exzessiven Gewalt des Militärs, von Vergewaltigungen und Brandschatzungen ganzer Dörfer in Kooperation mit buddhistischen Mobs. Außer Landes geflohene Rohingya befragte das Militär jetzt für seine Untersuchung offenbar nicht.
Satellitenbilder stützen aber die Aussagen der Geflohenen. Die UNO spricht von „einem Lehrbeispiel für ethnische Säuberungen“. Menschenrechtsgruppen fordern eine unabhängige Untersuchung im vom Militär gesperrten Gebiet.
Die Rohingya-Krise: taz-Korrespondentin Verena Hölzl berichtt. Seit Ende August sind über eine halbe Million muslimische Rohingya vor dem Militär aus Birma geflohen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von "ethnischer Säuberung". In den Flüchtlingslagern im Nachbarland Bangladesch entfaltet sich eine humanitäre Katastrophe. Wieso werden die Rohingya, die größte staatenlose Gemeinschaft der Welt, in Birma verfolgt und was kann die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise der Welt stoppen? Verena Hölzl, seit drei Jahren freie Korrespondentin in Birma, hat für die taz von dort und aus Bangladesch über die Krise berichtet. Im Gespräch mit taz-Asien-Redakteur Sven Hansen erzählt sie von ihren Erfahrungen.
Mittwoch, 23. November um 19 Uhr im taz-Café.
Genau diese Forderung soll der beschönigende Bericht des Militärs jetzt offenbar entkräften. Denn wo keine Gewalt war, muss ja auch nichts untersucht werden.
James Gomez, Südostasiendirektor von Amnesty International kommentiert den Bericht des Militärs mit den Worten: „Wieder einmal kehrt Myanmars Militär ernsthafte Vergehen unter den Teppich.“ Das Militär zeige damit, dass es an der Straflosigkeit nichts ändern wolle, weshalb die internationale Gemeinschaft aktiv werden müsse.
Die Organisation Human Rights Watch erklärte, der Bericht zeige erneut, dass Birmas Militär sich nicht ernsthaft selbst untersuchen könne und wolle. „Der UN-Sicherheitsrat soll den Fall an den Internnationeln Strafgerichtshof überweisen,“ so die Organisation. Der sei genau für solche Fälle geschaffen worden.
Lauter Terroristen
Verräterisch im Bericht des Militärs ist die mit bis zu 10.000 angegebene hohe Zahl der Terroristen. Demnach wurden offenbar einfach sehr viele „Bengalen“ zum Abschuss freigegeben. Denn bis dahin hatte die dubiose Rebellengruppe allenfalls wenige hundert Kämpfe. Das Militär wiederholte die bereits seit längerem aufgestellt Behauptung, die Bengalen hätten einfach ihre eigenen Dörfer angezündet, um dafür dem Militär in die Schuld zu geben.
Zu denken gibt auch, dass am Montag der Befehlshaber des Militärs für den westlichen Rakhine-Staat, der Heimat der Rohingya, ohne Angabe von Gründen abberufen und ersetzt wurde. Möglicherweise soll damit die Verhängung vom US-Congress erwogener Sanktionen gegen verantwortliche Militärs verhindert werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator