Mikroplastik in Kosmetika: Kunststoff auf unserer Haut
Viele Kosmetika enthalten Kunststoffe. Die Mehrheit der Deutschen fordert ein Verbot – auch in der Politik mehren sich die Stimmen dafür.
Versuchen Sie mal die Inhaltsstoffe Ihres Duschgels oder Ihrer Gesichtscreme laut vorzulesen, ohne ins Stocken zu kommen. Polyethylenterephthalat, Polymethylmethacrylat, Acrylates Crosspolymer oder – na gut, der ist leicht – Nylon-6.
Es handelt sich dabei um sogenanntes Mikroplastik. Kleine Teilchen oder flüssige oder wachsartige Kunststoffe, die in Seifen, Duschgels, Peelings, Puder, Make-up, Lidschatten und diversen anderen Produkten vorkommen. Das Emnid-Institut hat jetzt im Auftrag von Greenpeace 1.000 Bundesbürger repräsentativ gefragt, was sie davon halten – drei Viertel wünschen sich, dass die Hersteller darauf verzichten. Über 80 Prozent fordern eine klare Kennzeichnung, weil kaum einer weiß, was hinter den Zungenbrechern steckt, siehe Beginn des Textes.
Mikroplastik ist nicht unmittelbar gefährlich für den Menschen. Für die Umwelt aber sind die Partikel laut Greenpeace ein echtes Problem. Der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel schreibt, dass nur ein Bruchteil der Kunststoffe in der Umwelt aus der Kosmetik stammten. Hitzeschutz beim Haarstyling oder eine gute Abdeckung bei Make-ups sei ohne bestimmte Stoffe nicht möglich. Grüne und Die Linke fordern unisono ein Verbot.
Die Große Koalition setzt auf eine Selbstverpflichtung der Industrie, die bis 2020 freiwillig auf Mikroplastik verzichten will. Laut des Umweltverbandes BUND sind die Stoffe aus Zahnpasta etwa schon verschwunden. Die Verbraucherplattform Codecheck hatte im Oktober allerdings nach einem Scan von über 100.000 Produkten ermittelt, dass zirka jedes dritte untersuchte Gesichtspeeling Mikroplastik enthält. Polyquaternium-7 steckte beispielsweise in jedem vierten Duschgel. Das Problem ist, dass viele Hersteller bestimmte Kunststoffe wie etwa Nylon-12 überhaupt nicht als Mikroplastik anerkennen.
Was also tun? Besser kennzeichnen? Falsch wäre das nicht, sagt Nicole Maisch, die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. „Wir dürfen die Konsumenten aber nicht überfordern“, sagt sie und verlangt deshalb ein schlichtes Verbot der Stoffe, ebenso wie Karin Binder, bei der Linken für Verbraucherschutz zuständig. Selbst aus der SPD ist Kritik zu hören: Die Sprecherin für Verbraucherpolitik, Elvira Drobinski-Weiß, sieht Selbstverpflichtung generell problematisch, Unternehmen sollte es jedoch möglich sein, das Problem Mikroplastik selbst zu lösen. „Wenn wir merken, dass es keine Veränderung gibt, dann muss ein Verbot schon deutlich vor 2020 auf die Agenda“, sagt sie.
Auch der WWF und die Verbraucherschutzzentrale Hamburg wollen ein Verbot von mikroskopischen Kunststoffen. „Das wäre im Bereich Kosmetikartikel relativ einfach umzusetzen, da die Stoffe nicht zwingend notwendig für die Wirksamkeit der Produkte sind“, sagt ein WWF-Sprecher.
Beim Bund für Umwelt und Naturschutz ist man etwas zurückhaltender: „Ein gesetzliches Verbot von Mikroplastik wäre das konsequenteste Mittel. Allerdings sehen wir auch, dass dies nicht ohne Weiteres geht.“ Bestimmte flüssige Kunststoffe seien in der Natur möglicherweise problemlos abbaubar.
Der BUND bietet seit 2013 die App ToxFox an. Sie prüft Kosmetikartikel auf giftige Schadstoffe und soll um Mikro- und Nanoplastik erweitert werden. Die App „Beat the Microbead“ kann das heute schon. Und: Biokosmetik ist generell frei von Mikroplastik.
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