Migrationspolitik der Ampelkoalition: FDP blockt leichtere Einbürgerung
Zentrale Vorhaben der Regierung zu Arbeitsmigration und Staatsangehörigkeitsrecht kommen nicht voran. SPD und Grüne sind genervt.
Streit ist inzwischen so etwas wie ein Markenzeichen der Ampelkoalition. 30 Gesetzesvorhaben kommen nicht voran. Auch die beiden Migrationsvorhaben – Fachkräfteeinwanderung und Reform des Staatsangehörigkeitsrechts – stocken, weil die FDP blockt.
Dem Entwurf zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zufolge sollen Menschen künftig schon nach fünf anstatt nach acht Jahren rechtmäßigen Aufenthalts einen Anspruch auf Einbürgerung haben, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei. Auch sollen Menschen aus Nicht-EU-Staaten ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft nicht mehr abgeben müssen, wenn sie Deutsche werden.
Für Menschen ab dem 67. Lebensjahr soll es besondere Erleichterungen geben: Sie müssten demnach keinen Einbürgerungstest mehr ablegen und statt schriftlicher Deutschkenntnisse nur noch nachweisen müssen, dass sie sich mündlich ausreichend auf Deutsch verständigen können. Damit soll der Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration Rechnung getragen werden.
Grüne und SPD pochen darauf, Arbeitsmigration und Einbürgerung im Kabinett zusammen zu behandeln. Am Mittwoch nun hätte das Kabinett eigentlich den Entwurf für das Fachkräftegesetz beschließen sollen. Doch der Termin ist gekippt, nun wird es wohl Ende März. Und für das Staatsangehörigkeitsrecht, dessen Entwurf schon seit Januar fertig ist, gibt es überhaupt noch keinen belastbaren Zeitplan.
Im Wahlprogramm noch dafür
Mit einem „modernen Einwanderungsrecht“ kämen Arbeitskräfte nach Deutschland, mit einem „modernen Staatsangehörigkeitsrecht“ würden sie auch langfristig bleiben, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan der taz. „Nur wenn wir beides zusammendenken, wird Deutschland im internationalen Vergleich als Einwanderungsland attraktiv.“
Doch gerade bei den Einbürgerungen mauert die FDP, Abgeordnete fordern schon vor Beginn des parlamentarischen Verfahrens Nachbesserungen. Dabei hatten die Liberalen in ihrem Wahlprogramm sogar Einbürgerungen schon nach vier Jahren gefordert. Doch bei der Erleichterung für Ältere sperrt sich die Partei:
Man unterstütze dieses Vorhaben wie im Koalitionsvertrag vereinbart für die Angehörigen der sogenannten Gastarbeitergeneration, schrieben die FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae und Konstantin Kuhle in einem Positionspapier. Diese jedoch auf alle Menschen über 67 anzuwenden, lehnen sie ab. Auch sollten sich spätestens die Enkelkinder von Eingebürgerten mit Doppelpass dann doch für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen.
Die Koalitionspartner sind über die Verzögerung nicht erfreut. „Nichts rechtfertigt die Blockade der FDP“, sagt SPD-Innenpolitiker Hakan Demir der taz. Im Koalitionsvertrag sei klar geregelt, dass es beide Gesetze brauche. „Auf diese warten viele Menschen seit Jahren“, so Demir.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung