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Migration nach Italien„Diciotti“ wird Salvini gefährlich

150 Migranten dürfen das Rettungsschiff Diciotti in Catania verlassen. Die italienische Justiz ermittelt nun gegen den Innenminister.

Bekommt es mit der Staatsanwaltschaft zu tun: Italiens Innenminister Matteo Salvini Foto: Reuters

Catania rtr | Die italienische Justiz hat Ermittlungen gegen Innenminister Matteo Salvini aufgenommen. Ein sizilianischer Staatsanwalt geht dem Verdacht des Machtmissbrauchs, der Freiheitsberaubung und der illegalen Festnahme nach, wie Salvini am Samstag mitteilte. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit den 150 Migranten, die nach ihrer Rettung im Mittelmeer tagelang auf dem Rettungsschiff „Diciotti“ im Hafen der sizilianischen Stadt Catania festgesetzt wurden.

Erst in der Nacht zum Sonntag durften sie vor Bord gehen, nachdem laut Salvini Albanien, Irland und die katholische Kirche in Italien sich zu ihrer Aufnahme bereiterklärten. Vor Anhängern im norditalienischen Pinzolo sagte Salvini, es eine Schande, dass gegen ihn ermittelt werde. Schließlich habe er die Rechte der Italiener verteidigt. In Rom befragte derweil ein Staatsanwalt mehrere Mitarbeiter des Innenministerium. Offiziell richteten sich dessen Ermittlungen gegen Unbekannte.

Die Regierung hatte den überwiegend aus Eritrea stammenden Migranten an Bord des seit Montag in Catania liegenden Küstenwachenschiffs tagelang verboten, an Land zu gehen, solange keine Aufnahmezusagen anderer EU-Staaten vorlägen. Die Opposition und Bürgerrechtler kritisierten dies scharf. Der für eine strikte Einwanderungspolitik stehende Rechtspopulist Salvini blieb dennoch hart und erklärte, er betrachte die Angriffe gegen sich als „Ehrenauszeichnung“.

Am Samstag wurde dann zunächst 13 Migranten nach einer ärztlichen Untersuchung erlaubt, von Bord zu gehen. Es war das erste Mal, dass sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, seitdem sie mindestens zehn Tage zuvor in Libyen aufgebrochen waren, um nach Europa zu gelangen. Sie wurden anschließend in ein Krankenhaus in Catania gebracht. Italienische Medien berichteten, es bestünde in drei Fällen Verdacht auf Tuberkulose und in zweien auf Lungenentzündung. Mediziner vor Ort bestätigten dies nicht.

Die 137 übrigen Migranten verließen die „Diciotti“ schließlich in den frühen Morgenstunden am Sonntag. Sie wurden in ein Aufnahmezentrum in der sizilianischen Stadt Messina gebracht. Das Nicht-EU-Mitglied Albanien hat angeboten, 20 Migranten zu übernehmen. Irland ist bereit, 20 bis 25 der Migranten aufzunehmen. Der Rest soll auf Diözesen verteilt werden.

„Die Kirche hat ihr Herz und ihren Geldbeutel geöffnet“, sagte Salvini. Auf den Steuerzahler kämen „null Kosten“ zu. Ministerpräsident Giuseppe Conte übte schwere Kritik an der EU. Diese habe Italien hängenlassen. Es sei gegen das Solidaritätsprinzip verstoßen worden. Er drohte damit, den derzeit debattierten mehrjährigen EU-Etat Italiens Unterstützung zu entziehen.

Italien beklagt sich seit längerem, dass es in der Europäischen Union die Hauptlast der Migration trage. Seit 2014 erreichten mehr als 650.000 die italienische Küste.

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3 Kommentare

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  • Die Vorwürfe sind juristisch unsinnig.



    Nicht einmal der Tatbestand ist erfüllt.

    Gar niemand ist "eingesperrt", festgenommen oder der Freiheit betaubt.

    Die Personen haben sich freiwillig auf das Schiff begeben und sich geweigert, es in Malta zu verlassen.

    Es gibt kein Menschen- oder sonstiges Recht auf Einreise in ein Land, dessen Staatsangehörigkeit man nicht besitzt ohne die dafür notwendigen Einreisepapiere.

    Ich empfehle die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen die Anzeigeerstatter und die Staatsanwälte wegen des Verdachts der (politisch motivierten) falschen Verdächtigung und aller weiteren in Betracht kommenden Straftatbestände.

    Die Einhaltung geltenden Rechts durch den Innenminister stellt in keinem Fall "Machtmissbrauch" dar.

  • Dann sollte er das nächste Schiff erst gar nicht in den Italienischen Hafen einlaufen lassen.... dann passiert so etwas auch nicht mehr.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Wer Faschisten wählt bekommt Faschisten.