piwik no script img

Mietwohnungen in HamburgWohnungsnot? Fehlanzeige!

Der Maklerverband IVD findet, die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt sei weniger dramatisch als gefühlt.

Sehen das mit den Mieten etwas anders als der Maklerverband: Demonstranten. Bild: dpa

Mietwohnungen in Hamburg sind nach Einschätzung des Maklerverbandes IVD weit davon entfernt, unbezahlbar zu sein. Diesen Schluss zieht der Verband aus einer Erhebung unter seinen Mitgliedern. Erfasst wurden 30.000 Wohnungen auf dem freien Markt. Diese Wohnungen waren im hamburgweiten Durchschnitt zu knapp acht Euro nettokalt pro Quadratmeter vermietet. Handelte es sich um neu vermietete Wohnungen, wurden im Schnitt knapp zehn Euro ausgehandelt. Die Bestandsmiete beim öffentlichen Wohnungsunternehmen Saga / GWG liegt mit 5,70 Euro deutlich niedriger.

Bei gut zehn Prozent der erfassten Wohnungen habe zwischen Mai 2011 und Mai 2012 der Mieter gewechselt. „Das bedeutet, dass nicht unbedingt von einer grundsätzlichen Mietwohnungsknappheit ausgegangen werden muss“, folgerten die Gutachter des Berliner Centers for Real Estate Studies (CRES), die die Studie für den IVD anfertigten. Nur in einzelnen Quartieren und Lagen seien Wohnungen knapp. „Hamburg hat einen stabilen und funktionierenden Mietermarkt“, sagte Axel Kloth, der Vorsitzende des IVD Nord.

Der Energiedienstleister Techem kommt unter Auswertung einer weit größeren Zahl von Wohnungen für 2011 zu einer Wohnungswechselquote von 13,4 Prozent für Hamburg. Damit wird in Hamburg zwar eher eine Wohnung frei als in München (12,9 Prozent) oder Stuttgart (12,1 Prozent). In Hannover (16,3 Prozent) und Bremen (17,7 Prozent) ist die Fluktuation aber höher.

Der Maklerverband

Im IVD haben sich die Beratungs- und Dienstleistungsberufe der Immobilienwirtschaft organisiert. Er entstand 2006 aus dem Zusammenschluss des Rings Deutscher Makler mit dem Verband Deutscher Makler und hat bundesweit 6.000 Mitglieder.

Der IVD Nord vertritt die Interessen von 1.500 Immobilienmaklern, Verwaltern, Bauträgern und Sachverständigen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

Der Wohnungsbestand in Hamburg verteilt sich auf 240.000 Gebäude, davon 190.000 Ein- und Zweifamilienhäuser. Von den insgesamt knapp 900.000 Wohnungen sind 100.000 Sozialwohnungen. 600.000 Wohnungen sind auf dem freien Markt.

„Hamburg ist ein sehr differenziert zu betrachtender Markt“, sagt Kloth. Während im Bezirk Mitte in guter Wohnlage für 14 Euro neu vermietet wird, sind es in Eimsbüttel 11 und Altona 10,50 Euro; in Wandsbek und Harburg dagegen werden nur 9 beziehungsweise knapp 8 Euro erzielt.

Dennoch hält die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft die Lage für dramatisch genug, um am heutigen Mittwoch einen „Schutzschirm für Mieter“ zu beantragen. Ihr Antrag integriert mehrere Vorschläge von CDU, Grünen und Linken.

Dazu zählt eine Gesetzesnovelle mit dem Ziel, bei Neuvermietungen Mieterhöhungen um mehr als 15 Prozent zu unterbinden. Zudem sollen Maklercourtagen künftig allein oder zumindest zur Hälfte vom Vermieter getragen werden. Auch sollen die Kosten für energetische Sanierungen nur noch in dem Maße auf Mieter umgelegt werden dürfen, wie sie zu Energieeinsparungen führen. Bislang darf der Vermieter diese Kosten mit elf Prozent pro Jahr und zeitlich unbegrenzt weiterreichen.

Diese und einige andere Punkte des Mieterschutzpakets betreffen Bundesgesetze und können daher nur über den Bundesrat angeschoben werden. Nach einer rot-grünen Regierungsbildung in Niedersachsen haben künftig SPD- und Grün-geführte Bundesländer die Mehrheit in der Länderkammer und können solche Gesetzesinitiativen beschließen.

Immerhin unterstützt der IVD das Prinzip, dass derjenige, der einen Makler beauftragt, diesen auch bezahlt. Aus Gründen der Wettbewerbsgerechtigkeit und des Verbraucherschutzes müssten dann aber auch die Anforderungen an Makler erhöht und von jedem ein Fachkundenachweis verlangt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    "Wenn die Mieten im Grunewald(Berlin) steigen juckt es schließlich auch niemanden."

     

    Im Grunnewald kann man auch mieten? Da läuft das allermeiste doch über Eigentum.

    Ansonsten juckt das deshalb niemanden, weil die Mieten da sowieso schon seit Jahrzehnten für normalsterbliche unerschwinglich sind.

    Und nur, weil Du eine Wohnungsnot nicht erkennen kannst, heißt das nicht, dass diese nicht vohanden ist.

    Und billige Wohnungen findet (oder eher fand) man eben in "angesagten" Vierteln. Die waren nämlich bis vor ein paar Jahren nicht "angesagt", sondern eher verschrien. Man denke nur mal an Kreuzberg oder Neukölln.

  • HH
    Hergen Hillen

    Es ist klar, dass der Maklerverband IVD eine andere Sicht über die Mietpreisentwicklung in Hamburg hat als die Mehrheit der Bevölkerung. Die Wahrnehmung von Mietpreissteigerungen durch die Mieter hängt von vielen Faktoren ab. So zu Beispiel vom Lohn- und Einkommensniveau, das gerade für die geringen und mittleren Einkommensbezieher seit mehr als 10 Jahren stagniert. Im Niedriglohnsektor um 22 %! Irgendwann geht die Schere zwischen geringerem Realeinkommen und langsam steigenden Lebenshaltungskosten so weit auseinander, dass eine Mietwohnung unbezahlbar wird. Die Umlagekosten für Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter sind in der Regel sehr viel höher als die erzielte Verringerung der Energiekosten. Die geringfügigen Einsparungen sind in den vergangenen Jahren durch drastische Preiserhöhungen für Strom und Gas wieder aufgezehrt worden. Außerdem darf zweifelt werden, ob die Erhebung des Maklerverband IVD nach wissenschaftlichen Standards durchgeführt wurde. Sind Wohnungsgröße, Wohnungstypen (Einzel-, Reihen-, Mehrfamilienhaus usw.), Stadtteile, Stichprobengruppen usw. entsprechend gewichtet worden?

     

    Ist die Wohnungswechselquote tatsächlich ein Indikator für die Mietpreisentwicklung? Wenn dieser Indikator hoch ist, kann dies ein Indiz für Verdrängung aufgrund von Mieterhöhungen sein. Eine geringe Wechselquote kann genauso darauf hindeuten, dass Mieter ihre Wohnung eher behalten, weil eine neue Mietwohnung zu teuer wäre.

    Schließlich sei noch erwähnt, dass die gegenwärtige Wohnungsnot, die ja von keiner Seite bestritten wird, ein Produkt der CDU-Schill-Politik nach 2001 ist. Einerseits wurde der soziale Wohnungsbau abgeschafft und andererseits die Losung "Wachsende Stadt" ausgerufen. Hamburg sollte Anziehungspunkt für qualifizierte Arbeitskräfte werden. Die Wohnungsnot war quasi vorprogrammiert! Bis heute hat mir kein Mensch aus der CDU diesen seltsamen Widerspruch erklären können. Diese Entwicklung war sicherlich auch gewollt, denn viele der damaligen Entscheidungsträger (z.B. Andreas Wankum, Andreas Mattner, Axel Gedaschko) sind heute in der Immobilienwirtschaft tätig!

  • A
    andreas

    Eine Wohnungsnot kann ich hier in Steglitz(Berlin) nicht erkennen sehrwohl aber in den angesagten Stadtteilen unser schönen Stadt Berlin.

    Und um Diese geht es denn dort wollen auch alle Presseleute wohnen.

    Wenn die Mieten im Grunewald(Berlin) steigen juckt es schließlich auch niemanden.

    Es geht immer um Mitte/FDH-Kreuzberg/Prenzlauer Berg...

     

    P.S. ROT/ROT haben es versäumt in ihrer Regierungszeit von immerhin 2002 bis 2011 für mehr Wohnraum zu sorgen.

  • H
    Harro

    Der Maklerverband IVD hat recht: Wer einen Makler bezahlen kann, der hat auch keine Probleme eine Wohnung zu mieten. Zynisch könnte man auch sagen: Warum mietet die arme Familie denn nicht 60 Quadratmeter in Bergedorf/Harburg oder eben 45 qm in Altona?

     

    Das ist genau die Perpektive, die der Maklerverband in Wirklichkeit kommuniziert. Aber wer Kinder und ein niedriges Einkommen hat, der kann eben nicht beim Makler so vorgehen. Ich bezweifele aber, dass die SPD mit ihrer Initiative wirklich ins Spiel der Makler und Immobilienbesitzer eingreift, dazu stehen in Hamburg zu offensiv, zu viele Wohnungen leer. Wenn die SPD wirklich da was ändern hätte wollen, die Möglichkeiten dazu bestehen längst.

  • SW
    Stimmt wohl

    Wenn man allerdings aus Berlin oder vom Land nach Hamburg kommt und gewohnt ist, für 300 Euro mindestens 70 m² zu bekommen, dann ist Hamburg in der Tat "unbezahlbar". Aber nach ein, zwei Jahren gewöhnt man sich daran und bemerkt: man muss nicht unbegrenzt Platz haben.

  • R
    Rackert_fuer_Steuerspar_Investoren

    Moin taz-Team, ihr solltet mal über die großen Immobilieninvestoren, welche sich auf dem deutschen Markt tummeln berichten und akribisch ihr Finanzierungsmodell und deren volkswirtschaftlichen Schaden aufdröseln...

    Beispiel AKELIUS: "Akelius Invest Ltd and Akeliusfonder Ltd are registered in the Bahamas and are owned by the Akelius Foundation, founded by Roger Akelius...

    Akelius kauft derzeit - weltweit operierend mit einem genialen Steuerspar-Geschäftsmodell - zungunsten der Mieter jährlich allein in Deutschland für mehrere hundert Millionen Euro (!) Wohnungen in Metropolen auf...

     

    Auch das Unternehmen "Deutsche Wohnen AG" in welchem Wolfgang Clement im Aufsichtsrat hockt sollte mal unter die Lupe genommen werden...