: Miese Trips
■ Ausgerechnet die Sechziger: Fotograf Günter Zint hat ein Ausstellung verloren und würde sie gerne wiederhaben Von Michaela Soyer
Vor eineinhalb Jahren ist der Fotograf Günter Zint umgezogen. Mitten im Umzugsstress kam ein junger Mann vorbei und wollte sich einen Teil der Austellung „Jugend & Aufbruch“ ausleihen. Die Fotos sollten in „einem Jugendhaus oder einem Café“ ausgestellt werden, so genau weiß Zint das nicht mehr. Er brauchte die Ausstellung gerade nicht und verlieh sie. Einen Lieferschein hat er damals nicht ausgestellt, „war alles ein bisschen chaotisch“.
Ausgeliehen hat sich der Unbekannte die Bilder aus den sechziger Jahren. Damals hat Zint im Star Club die Beatles fotografiert, seine Fotoagentur Pan-Foto und mit SDS-Genossinnen die Pressekommune APO-PRESS gegründet. Auch Ulrike Meinhof war dabei. Diese „Flower-Power-Bilder“ aus der Kommune, wie Zint sie nennt, sind verschwunden. Mister X hat die 50 mal 70 cm-Schaumstoffplatten, auf denen die Fotos aufgebracht waren, nie zurückgebracht.
Zint, der Wallraffs Bücher Der Aufmacher und Ganz unten illustrierte, der Jimi Hendrix und John Lennon vor der Kamera hatte, ist so ein Teil seiner Ausstellung verloren gegangen. Jetzt sollen die Fotos noch einmal gezeigt werden, aber „Jugend und Aufbruch“ ohne die sechziger Jahre ist wie St. Pauli ohne St. Pauli Nachrichten – zu deren Gründern Zint zählt.
Warum konnte sich der Ausleiher nicht einfach das letzte Jahrzehnt mitnehmen? Diese „Zeit einer politischen Bewegungspause, die von Frust und Unsicherheit geprägt ist“, wie der Fotograf in dem Begleittext zur Ausstellung schreibt. Die sechziger Jahre dagegen haben es wirklich nicht verdient, ungesehen in einer Kiste zu verrotten. „Wir hatten millionenfache Träume. Hätte mir in diesen Jahren jemand erzählt, dass im neuen Jahrtausend wieder Minderheiten gejagt und faschistische Parteien wieder Zulauf haben, ich hätte ihm geraten, nicht so miese Trips zu schmeißen und seinen Dealer zum Teufel zu jagen“, schreibt Zint. Wenn Sie also jemand kennen, der Sixties-Fotos auf Schaumstoffplatten sein Eigen nennt, zur besagten Zeit weder gelebt noch fotografiert haben kann – geschweige denn in der Lage ist, einen in Frage kommenden Erbonkel zu benennen –, schicken Sie uns eine E-Mail an redaktion@taz-hamburg.de.
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