piwik no script img

Miese Stimmung in der UnionSchäuble weist Seehofer zurecht

Die Koalitionsspitzen treffen sich am Mittwochabend, um die Erbschaftsteuer zu diskutieren. Die Stimmung ist mau. CSU-Chef Seehofer koffert gegen die Kanzlerin.

Spricht von „Attacken gegen Merkel“: Finanzminister Wolfgang Schäuble Foto: dpa

BERLIN dpa | Vor dem Spitzentreffen der Koalition hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im unionsinternen Streit die CSU deutlich kritisiert: „Wie in der Union miteinander umgegangen wird, ist ziemlich einseitig: Es gibt nichts Vergleichbares aus der CDU gegenüber der CSU, nicht im Ganzen und nicht gegenüber Einzelnen – null“, sagte Schäuble in einem ZDF-Interview. „Die Formulierung ,Streit zwischen Merkel und Seehofer’ muss ich zurückweisen. Es sind Attacken gegen Merkel.“

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Mittwochmorgen im ARD-„Morgenmagazin“: „Das Kabinett ist ein gut funktionierender Teil der Koalition. Ich finde, allmählich muss Schluss sein mit Interviews einer bestimmten Schärfe aus München, die spalten und nicht zusammenführen.“

Am Dienstag hatten sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer getroffen. Der bayerische Ministerpräsident kritisiert seit Monaten den Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise und gibt ihr die Schuld an schlechten Umfragewerten für die Union. Auch bei der Reform der Erbschaftsteuer, die an diesem Mittwochabend bei einem Treffen der Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD im Kanzleramt auf dem Programm steht, blockiert Seehofer eine Einigung. Auch dieses Verhalten dürfte Schäuble verärgert haben.

Streitpunkt Erbschaftsteuer

Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politik bis zum 30. Juni dieses Jahres und damit eineinhalb Jahre Zeit gegeben, die bisherige Begünstigung von Firmenerben bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer neu zu regeln. Die Karlsruher Richter hatten einige Privilegien als überzogen kritisiert und gekippt.

CDU, CSU und SPD im Bundestag hatten sich bereits im Februar auf ein Modell verständigt. Bayern und die CSU in München pochen aber auf weitergehendere Begünstigungen. Dies lehnt die SPD ab und nennt den bisherigen Kompromiss sehr weitgehend. Unmut über das Vorgehen der CSU und Wirtschaftsverbände gibt es auch in der CDU.

Bei dem Treffen des Koalitionsausschusses geht es auch um Pläne für eine gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte die Union auf, den von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf jetzt auf den Weg zu bringen.

Auskunft über Gehälter

In einem ersten Schritt sollen Frauen das Recht erhalten zu erfahren, wie viel ihre männlichen Kollegen im Schnitt verdienen. Die Union will diesen Auskunftsanspruch auf Beschäftigte in großen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten beschränken. Damit würden nach SPD-Angaben statt 31 Millionen Beschäftigte nur rund 6 Millionen Arbeitnehmer von mehr Informationen zum Lohngefälle profitieren.

Schwesig wies Vorwürfe zurück, ihre Pläne führten zu mehr Bürokratie in Unternehmen. „Was ist denn daran bürokratisch, dass ich einer Frau Auskunft gebe, warum sie so eingestuft ist und wie das Durchschnittsgehalt der männlichen Kollegen ist, und wenn es Unterschiede gibt, warum sie so sind?“, sagte Schwesig am Mittwoch im Deutschlandfunk. „Das ist nicht viel Aufwand.“

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienten Frauen 2015 im Schnitt (bezogen auf das Stundenentgelt) 21 Prozent weniger als Männer. Im Osten lag die Differenz bei 8 Prozent, im Westen bei 23 Prozent. Die Unterschiede kommen auch durch längere Auszeiten und Karriereknicks von Frauen zugunsten der Erziehung von Kindern zustande.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Schäuble will es noch mal wissen. Die Adlerkralle hat er schon ausgefahren.

  • Die Andeutungen von Seehofer in Richtung einer Ausweitung der CSU als bundesweite Partei sind heute etwas anders zu werten als noch zu Anfang des letzten Jahres, als die Verbreitung des AfD-Gedankengutes noch nicht so klar abzusehen war. Diese Klientel will sich die CSU offenbar offenbar einverleiben. Das könnte als Alternative zu AfD und Co. für die besorgten Bürger womöglich interessanter sein als wir derzeit denken. Ein Bestreben, ganz im Sinne von FJS. Vielleicht sind Seehofer, Söder und Scheuer deswegen so aggressiv und dreist - dass sie einen Grund finden, den angedachten Weg einzuschlagen.

     

    Könnte natürlich für die CSU auch nach hinten losgehen. Sicher gibt es auch überzeugte CSU-ler, die sich in der Nachbarschaft von Ex-AfD & Co. in ihrer Partei nicht mehr zuhause fühlen. Aber das CSU-Janusgesicht kann zumindest die etwas schlichter denkenden Gemüter vermutlich schon irgendwie bei der Stange halten.

  • CSU raus aus der Koalition. CSU-Minister entlassen. Bums, fertig. GroKo geht auch ohne CSU auf quantitativer Ebene ganz hervorragend - auf qualitativer dürfte es auch besser (=weniger schlimm) werden.

    • @LeSti:

      Der Schuss könnte gewaltig nach hinten losgehen.

       

      Bei einer dann wahrscheinlichen Ausdehnung der CDU nach Bayern und der CSU über ganz Deutschland kann die jetzige politische Stimmungslage nämlich auch dazu führen, dass die CSU bundesweit locker hinter sich lässt. Und dann....???