Microsofts Software "Office 365": Ein Abo fürs Büro
Microsoft verdient immer noch gut mit seiner in die Jahre gekommenen PC-Bürosoftware Office. Nun soll sie erstmals in einer umfassenden Version online angeboten werden.
Der Verantwortliche für die Software-Entwicklung geht, ein neues Office-Paket kommt. Wie Microsoft am Dienstag bekanntgab, verlässt Ray Ozzie in absehbarer Zeit das Unternehmen, Gründe wurden nicht bekannt, die Stelle wird nicht wieder neu besetzt. Außerdem soll künftig die komplette Bürosoftware Office auch online zur Verfügung stehen - über den neuen Dienst Office 365.
Ray Ozzie war als "Chief Software Architect" direkter Nachfolger von Bill Gates. Sein Abgang ist auch deshalb interessant, weil Ozzie zu den Freunden des Cloud-Computing gehörte. Unter Cloud Computing versteht man Programme, die im Internet laufen - so wie eben das neue Office 365. Office ist seit vielen Jahren - neben dem Betriebssystem Windows - Microsofts Bestseller. Das Büropaket enthält Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationsprogramm sowie Terminkalender, E-Mail und Adressverwaltung. Alle paar Jahre wird die Software überarbeitet und aufgehübscht.
Technisch gesehen handelt es sich bei Office 365 um eine Ergänzung des kaum bekannten Geschäftskunden-Produkts mit dem Namen "Microsoft Business Productivity Online Standard Suite". Das Programm zur netzgestützten Kommunikation und zum Dateiaustausch wurde nun um Online-Versionen von Word, Excel, Powerpoint und anderen Office-Bestandteilen ergänzt. Allesamt sollen sie im Browser benutzbar sein und nach Angaben von Microsoft mit allen wichtigen Webprogrammen kompatibel sein. Auch Smartphones würden unterstützt, heißt es von Seiten des Unternehmens.
Abgerechnet wird Office 365 nach einem Abomodell, das sich besonders für Firmen lohnen könnte. Statt teure Vollversionslizenzen zu kaufen, bekommt der Kunde zu Preisen zwischen 1,75 und 22,75 Euro pro Monat und Nutzer unterschiedliche Zugriffe auf das Angebot - je teurer, desto mehr Funktionen sind verfügbar. Ein Kleinunternehmen mit maximal 25 Mitarbeitern bekommt mit 5,25 Euro pro Mitarbeiter und Monat ein Sonderangebot samt eigener Website.
Office 365 ist dabei eindeutig gegen die Umsonst- und Kaufversionen der Konkurrenz von Google Docs gerichtet. Der Internet-Konzern verkauft seit einiger Zeit eine sogenannte "Premier Edition" für Unternehmen, die 40 Euro im Jahr pro Benutzer kostet und unter anderem mehr Speicher und Multimedia-Funktionen als die Grativversion enthält. In den USA gibt es mittlerweile einige Gemeindeverwaltungen, die ihre IT über die Plattform abwickeln. Um so wichtiger wäre es für Microsoft, endlich im Internet anzukommen.
Zu Beginn der großen Office 365-Einführung leistete sich der Konzern allerdings einen Fauxpas. Die Webadresse, unter der der neue Dienst ab dieser Woche zum Betatest erreichbar sein soll, war noch auf eine australische IT-Firma registriert. So liefen Kundenanfragen, die nach dem mit Office 365 verbundenen Presserummel nähere Informationen haben wollten, zunächst ins Leere. Mittlerweile funktioniert die Seite.
Wirtschaftlich steht Microsoft mit Office immer noch gut da. Aus einer Analyse von Webmasterpro geht hervor, dass das Büropaket im Jahr 2010 in Deutschland auf einen Marktanteil von 72 Prozent kommt, weit abgeschlagen gefolgt von der freien Alternative OpenOffice mit 21,5 Prozent. Zuverlässige Zahlen für Cloud-Dienste liegen bislang nicht vor.
Schon länger ist bei Microsoft die Angst groß, dass vor allem das kostenlose Angebot von Google das Office-Paket zumindest bei Standardaufgaben ein- und überholen könnte. Viel entgegengesetzt wurde den Angriffen der Konkurrenz vor der Ankündigung von Office 365 nicht: Hier mal ein Programm zum erleichterten Dateiaustausch (Sharepoint), dort eine webbasierte E-Mail-Software (Outlook Online), da den Messenger Office Communications Online, schließlich auch kleine Teile von Office im Online-Netzwerk Facebook an ("Docs.com"), um neue Nutzer anzusprechen.
Das von Microsoft groß angekündigte "Cloud Computing"-Projekt wurde unter Ray Ozzie vor der Ankündigung von Office 365 nicht so recht sichtbar. Was aus ihm ohne einen "Chief Software Architect" werden soll, bleibt eine Frage, die nur Microsoft beantworten kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“