Microsoft-Urteil: Gates hat seine Macht missbraucht
EU-Richter haben das Bußgeld über eine halbe Milliarde Euro gegen den Softwaregiganten Microsoft bestätigt. Das Unternehmen muss technische Einzelheiten offenlegen.
LUXEMBURG taz Die EU-Kommission hat Microsoft zu Recht wegen Missbrauchs seiner Marktmacht gerügt und Gegenmaßnahmen gefordert. Dies entschied gestern das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) in Luxemburg. Die verhängte Geldbuße in Höhe von 497 Millionen Euro hielten die Richter deshalb in voller Höhe für gerechtfertigt. Microsoft kann gegen die Entscheidung binnen zwei Monaten Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), ebenfalls in Luxemburg, einlegen.
Seine überlegene Marktmacht verdankt Microsoft dem Betriebssystem Windows, das auf rund 95 Prozent aller Computer läuft. Nach Auffassung der Kommission hat Microsoft dieses Quasi-Monopol genutzt, um auch Nachbarmärkte zu monopolisieren. Deshalb verhängte die Kommission im März 2004 die Rekord-Geldbuße von 497 Millionen Euro und erteilte Microsoft Auflagen. So muss Microsoft konkurrierenden Wettbewerbern die Schnittstellen der Windows-Software offenlegen, damit diese ihre Produkte auf Windows abstimmen können. Außerdem musste Microsoft den Kunden eine Windows-Version ohne Windows-Media Player - eine Software zum Abspielen von Musik und Filmen - anbieten.
Beide Auflagen hat das EuG unter dem Vorsitz des dänischen Richters Bo Vesterdorf gestern in vollem Umfang aufrechterhalten. Microsoft hatte vor allem die Pflicht zur Offenlegung seiner Schnittstelen angegriffen. Das sei ein Eingriff in das Recht auf geistiges Eigentum. Die Kommission ermögliche so den Wettbewerbern, Microsoft-Software zu kopieren.
Diese Vorwürfe wies das EuG jedoch zurück. Microsoft müsse schließlich nicht den gesamten Quellcode von Windows offen legen, sondern nur bestimmte Protokolle. Es gehe auch nicht darum, den Wettbewerbern die Entwicklung von identischer, sondern von alternativer Software zu ermöglich. Aber nur mit dem nötigen Know How seien diese in der Lage, Software herzustellen, die mit Windows optimal kommunizieren könne.
Das Gericht bestätigte den Grundsatz, dass sich jedes Unternehmen seine Geschäftspartner selbst aussuchen kann. Ausnahmen seien jedoch erforderlich, wenn ein dominierendes Unternehmen mit der Abschottung seines Know Hows den Wettbewerb auf Nachbarmärkten gefährde. Microsoft habe nicht belegt, dass die Offenlegung der Windows-Schnittstellen seine Innovationskraft entmutige.
Auch die Verpflichtung zum Angebot einer Windows-Version ohne Media-Player hielt das Gericht für gerechtfertigt. Windows habe den Wettbewerb auf dem Player-Markt gefährdet, als es seinen eigenen Media Player zwangweise in Windows integriert habe. Inzwischen gibt es auch eine Version ohne Media Player, die aber kaum nachgefragt wird.
Nur an einem Nebenpunkt hatte Microsoft Erfolg. Das Gericht beanstandete die Einsetzung eines unabhängigen Gutachters, der die Einhaltung der Kommissions-Auflagen überprüfen sollte. Derartiges sei im EU-Recht nicht vorgesehen und müsse von Microsoft auch nicht bezahlt werden, erklärten die Richter.
Nicht geklärt wurde in diesem Prozess, ob auch die zweite Geldbuße in Höhe von 280,5 Mio Euro bestehen bleibt, die die Kommission im Juli 2006 wegen Nichteinhaltung der Auflagen von 2004 verhängte. Offen bleibt außerdem, ob Microsoft, das seinen Wettbewerbern die Schnittstellen-Software inzwischen gegen Bezahlung anbietet, dabei zu viel Geld verlangt. Mit diesem Vorwurf hatte die Kommission Anfang des Jahres ein drittes Bußgeld angedroht.
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