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„Mickey 17“ von Bong Joon HoIm Kosmos der Kaltherzigen

Bong Joon Ho kehrt mit einer kapitalismuskritischen Weltraumodyssee zurück: „Mickey 17“ zeigt scharfsinnige Sci-Fi und absurden Humor.

Robert Pattinson in Doppelrolle als Mickey Foto: © 2025 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved

Die Erwartungen an ein Nachfolgeprojekt sind nach einem Erfolg wie „Parasite“, Bong Joon Hos bissiger Gesellschaftssatire, die unter anderem als bester Film mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, enorm groß. Vielleicht hat sich der südkoreanische Filmemacher auch deswegen dazu entschieden, seinem neuen Film einen exorbitanten Rahmen zu geben.

Mit „Mickey 17“ bleibt Bong Joon Ho zwar seinem angestammten Thema, seinem satirisch-scharfen Blick auf soziale Ungleichheit treu, verlagert die Problematik aber ins All: Kolonialisierung, Kapitalismus und menschliche Austauschbarkeit werden vor dem Hintergrund einer ambitionierten Raumfahrtmission verhandelt.

Und dieses Sci-Fi-Setting besitzt eine größere Aktualität, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn die Besiedelung des fernen Planeten Nilfheim ist Geschäftsidee und Allmachtsfantasie eines ehemaligen Politikers mit zu weißen Zähnen, enormem medialen Selbstdarstellungsdrang – und einem Hauch von orangestichigen Bräunungsspray.

Mr. Marshall, der von Mark Ruffalo als grandios überzogene Karikatur männlicher Hybris gespielt wird, ist unverkennbar eine Mischung aus „Starlink“-Gründer Elon Musk und Donald Trump. Eine toxische Symbiose, deren Ausgeburten momentan täglich Schlagzeilen machen.

Der Film auf der Berlinale

17. 2., 12.15 Uhr, Urania

Robert Pattinson in Doppelrolle

Mickey Barnes (zeitweise in Doppelrolle: Robert Pattinson) stellt sich in die Dienste seiner nächsten Weltraummission, und wird, nicht ganz freiwillig, zum „Expendable“: einem, dem Tech-Fortschritt sei Dank, nun restlos verwertbaren Arbeiter. Sein Bewusstsein wie seine biologischen Daten werden digitalisiert, damit er nach jedem Tod im Rahmen seiner letalen Aufträge einfach neu ausgedruckt werden kann.

Und Mickey stirbt oft für die Mission: an Strahlenvergiftung, extremer Kälte oder tödlichen Viren. Bong Joon Ho, der das Drehbuch basierend auf dem gleichnamigen Roman von Edward Ashton verfasste, inszeniert Mickeys Martyrien nicht zuerst in ihrer Brutalität, sondern in ihrer absurden Komik.

Insgesamt erzählt „Mickey 17“ leichter als „Parasite“, sogar Sex-Witze und eine seltsam charmante Beziehung zwischen einer toughen Weltraumagentin (Naomi Ackie) und Mickey sowie seinen Kopien haben darin Platz. Brisant wird es erst, als das Schiff schließlich den fremden Planeten erreicht, den Mr. Marschall und seine sinistre Gattin (Toni Collette) für ihre „White Supremacy“-Fantasien nutzen wollen – was auch die Auslöschung allen örtlichen Lebens bedeuten würde.

Trotz aller Dystopie ist „Mickey 17“ jedoch kein reiner Abgesang. Am Ende macht Bong Joon Hos ebenso unterhaltsamer wie kluger Sci-Fi-Film sogar größere Hoffnungen auf die letztliche Vernunft der Menschen, als es die momentane Nachrichtenlage zulässt.

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