Michelle Obama in "The Obamas": Im Dienste des Präsidenten
Das Buch "The Obamas" skizziert Michelle Obamas Anfangschwierigkeiten im Weißen Haus. Die First Lady wehrt sich gegen diese Darstellung.
WASHINGTON taz | Wer im "Goldfischbecken" ist, hat kein Privatleben mehr. Diese Regel gilt nicht nur für die US-Präsidenten der letzten Jahrzehnte, sondern auch für ihre Gattinnen. Mit dem Umzug in das Weiße Haus werden nicht nur ihr Aussehen, sondern auch so intime Dinge, wie ihre ausserehelichen Affären und ihre körperlichen und seelischen Krankheiten interessant.
Im Augenblick trifft es Michelle Obama. Ein 359 Seiten dickes Buch ("The Obamas" von Jodi Kantor) beschreibt ihre anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten an das Leben im Weissen Haus und ihre angeblichen Spannungen mit wichtigen Beratern ihres Präsidentengatten, darunter dem inzwischen nach Chicago abgewanderten Rahm Emmanuel.
Dabei entsteht ein Bild, das bei den AnhängerInnen Obamas auf viel Sympathie stoßen wird: Es handelt nicht nur von dem ersten afroamerikanischen Paar, das in dem dereinst unter anderem von Sklaven gebauten Weißen Haus residiert, sondern zugleich von einer Beziehung zwischen Partnern, die beide Eliteuniversitäten besucht und beide Karriere gemacht haben und die sich gemeinsam um die Erziehung der Töchter kümmern.
Und von einer gebildeten, selbst bewußten und meinungsstarken Frau, deren Leben mit dem Einzug ins Weiße Haus plötzlich an enge Grenzen stieß.
Die Bedenken des Westflügels
Jodi Kantor schreibt, wie die Soziologin und Juristin Michelle Obama, anfangs im Weißen Haus versucht habe, ihre Berufserfahrung in den Dienst ihres Präsidentengatten zu stellen. Doch sie blitzt ab. Der Westflügel hat Bedenken, die Popularität der First Lady könne leiden, wenn sie sich in Tagespolitik einmische. Bei der demokratischen Basis gilt Michelle Obama vielen als ideologisch zuverlässiger als ihr Präsidentengatte.
Die First Lady konzentriert sich vorübergehend auf Repräsentation und auf Wohltätigkeiten. Dann findet sie ihre eigenen Themen. Sie beackert und propagiert Gemüsegärtnern, ihre Initiative "Move your Body" soll ein Zeichen gegen das Massenproblem Übergewicht setzen. Und sie gibt sich mit der Unterstützung von "Soldatenfamilien" patriotisch. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass ihre zwei Töchter trotz der Kohorte von Geheimdienstlern und Schaulustigen, zumindest ein Stück normales Leben führen können.
Zehn Monate vor den nächsten Präsidentschafswahlen könnten die Wiederwahlhelfer von Barack Obama eigentlich froh über das Buch sein. Zumal die darin beschriebene First Lady auch einen deutlichen Kontrast zu den Frauen an der Seite der republikanischen Konkurrenten um den Posten abgibt: Von Frau Gingrich, die stets mit Betonfrisur auftritt, bis hin zur Millionärsgattin Romney, die mit konsternierender Selbstverständlichkeit von dem Pferd erzählt, das sie zu Weihnachten geschenkt bekommen hat.
Die "wütende schwarze Frau"?
Stattdessen attackieren Michelle Obama und das Weiße Haus das Buch scharf. Die First Lady erklärt in einem Fernsehinterview, dass sie "The Obamas" zwar nicht gelesen habe und auch nicht lesen werde. Aber dass sie genug davon habe, als "wütende schwarze Frau" beschrieben zu werden. Das spielt auf ein Klischee von der hysterischen und lauten Afroamerikanerin aus proletarischem Milieu an, das in den vergangenen Jahren vom Showbusiness vereinnahmt worden ist. Aber das kaum jemandem - auch nicht Buchautorin Jodi Kantor - zur Beschreibung von Michelle Obama einfallen würde.
Auch die Pressestelle des Weißen Hauses distanziert sich von dem Buch. Nennt es eine "Überdramatisierung von alten Nachrichten". Geschrieben von einer "Autorin, die zwei Jahre lang nicht mit den beiden Personen gesprochen hat, deren Beziehung sie beschreibt". Denn Jodi Kantor hat die beiden Obamas zuletzt im Jahr 2009 interviewt. Für ihr Buch hat die Reporterin der New York Times bloss mit Dutzenden von Weisse-Haus-Mitarbeitern und Freunden der Obamas gesprochen.
Michelle Obama wird jetzt 48 Jahre alt. Seit das Buch erschienen ist, befindet sie sich auf einer Medienoffensive. Gibt Interviews. Hat einen eigenen Twitteraccount eingerichtet. Versichert, dass sie - weder jetzt noch später - keine eigene politische Karriere machen will. Und kündigt an, dass sie mit ganzer Kraft für ihren Mann Wahlkampf machen will, weil sie ihn für den besten Präsidenten hält. Der echoet in einer eigenen Erklärung, dass sie beide im Herbst, wenn er sich öffentlich um eine neue Amtszeit bewirbt, privat zwanzig Jahre Ehejubiläum feiern.
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