Michael Braun über die Kommunalwahlen in Italien: Sieg der Sterne
Eine dramatische Niederlage für den gemäßigt linken Partito Democratico (PD) des Ministerpräsidenten Matteo Renzi, ein Triumph für die Fünf-Sterne-Bewegung – eindeutiger hätten die Kommunalwahlen in Italien kaum ausfallen können. Der erst vor wenigen Jahren gegründete MoVimento5Stelle (M5S) eroberte erwartungsgemäß Rom, doch dass er auch in Turin erfolgreich war, ist eine kleine Sensation.
Zwei junge Frauen, die 37-jährige Römerin Virginia Raggi und die 32-jährige Turinerin Chiara Appendino, sind die Gesichter des M5S-Sieges. Sie bestritten einen Wahlkampf, aus dem der charismatische Gründer der Protestbewegung, der Komiker Beppe Grillo, sich völlig heraushielt. Mit Raggi und Appendino genauso wie mit ihren jungen Frontleuten im Parlament präsentiert sich der M5S heute nicht mehr als Bürgerschreckpartei, sondern als seriöse Kraft.
Der Sieg von Raggi und Appendino zeigt, dass der M5S für Renzis PD brandgefährlich ist – denn weit stärker als in den anderen europäischen Ländern, wo die neuen Protestparteien mal klar rechts, mal eindeutig links aufgehängt sind, entziehen sich die Fünf Sterne erfolgreich der ideologischen Zuordnung.
Schon im Oktober steht der Regierungschef vor der nächsten, der wirklich entscheidenden Probe: dem Referendum, in dem die Bürger über die von ihm durchgesetzte Verfassungsreform entscheiden werden. Renzi selbst war unvorsichtig genug, im Falle einer Niederlage seinen Rückzug aus der Politik anzukündigen. Die Wahlen vom Sonntag verheißen daher für Renzi nichts Gutes. Doch auch für den M5S birgt der Triumph hohe Risiken.
Die Bewegung muss jetzt liefern; sie muss vorneweg in Rom beweisen, dass sie regierungsfähig ist, dass sie Lösungen für die immensen Probleme der heruntergekommenen Hauptstadt hat. Sollte sie dagegen an dieser Aufgabe scheitern, so wäre sie auch national als Regierungsalternative diskreditiert.
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