Messi und Ronaldo dominieren die WM: Unsterblicher Heldenfußball
Ohne Helden funktioniert der Fußball nicht. Da helfen die besten Konzepte nichts. Um die Nachfolge von Messi und Ronaldo muss sich keiner sorgen.
E s ist noch gar nicht so lange her, da wurde mit großem Pathos der Heldenfußball verabschiedet. Die Stars hätten ausgedient, hieß es. Jeder müsse sich in den Dienst des Systems stellen. Der Einzelne zählt nicht, die Mannschaft ist alles. Die Spanier, die sich bis heute von dieser Vision nicht verabschiedet haben, galten als Role Model, dem vor allem die Deutschen nachgeeifert haben.
Lionel Messi kann man mit solchen Ideen allenfalls zum Lachen bringen. Konzepttrainer können ihm gestohlen bleiben. Bei dieser Weltmeisterschaft bewegt er sich nicht viel mehr als eine Schildkröte und meist auch nicht viel schneller. Er weiß, dass ihn alle permanent suchen und schon finden werden. Dass er seine Szene, über die dann alle reden werden, schon noch bekommen wird.
Es gibt nicht wenige, die es für die größte Ungerechtigkeit des Weltfußballs halten würden, sollte Messi am Ende dieses Turniers nicht die WM-Trophäe überreicht bekommen. Andere sind wiederum traurig, dass Ronaldo vom Schicksal um seinen verdienten Lohn gebracht wurde. Und nicht nur in Brasilien haben einige mit Neymar geweint, weil er gegen Luka Modrić den Kürzeren gezogen hat, für den Kroatien bei diesem Turnier angetreten ist.
Mehr Heldenfußball wie in Katar geht kaum. Der dreifache portugiesische Torschütze Gonçalo Ramos wurde bei seiner Auswechslung mit freundlichem Applaus verabschiedet, der ihn ersetzende Ronaldo erzeugte dagegen ohrenbetäubenden Jubel, als er den Rasen betrat. Was den Hype um diese Legenden befeuert, ist die Gewissheit, dass sie nicht ein weiteres Mal bei einer WM zu sehen sein werden.
Anti-Helden-Konzeptfußball
Natürlich hat die Diskussion über Helden- und Konzeptfußball etwas Schablonenhaftes. Marokko, könnte man sagen, ist doch das beste Beispiel bei diesem Turnier, dass Konzeptfußball erfolgreich sein kann. Wenn aber die Marokkaner im Halbfinale gegen Frankreich alles darauf ausrichten, Kylian Mbappé nicht ins Spiel kommen zu lassen, wie es die Engländer getan haben, spielen sie dann letztlich nicht auch ein wenig Heldenfußball? Genauer gesagt: Anti-Helden-Konzeptfußball.
Bei der deutschen WM-Bilanz fällt auf, dass bis auf Jamal Musiala alle und alles kritisiert wurde. Bei der nächsten EM wird es darum gehen, besseren Heldenkonzeptfußball zu spielen. Genau genommen konnte auch in der Ära, als der Heldenfußball beerdigt wurde, niemand darauf verzichten, jemanden auf den Sockel zu stellen. Bastian Schweinsteiger war der Held des WM-Finales 2014. Und Iniesta und Xavi waren im spanischen Kollektiv immer etwas gleicher als alle anderen.
Um die Nachfolge von Messi und Ronaldo muss sich niemand Sorgen machen. Ohne Helden würde das kapitalistische Fußballsystem nicht funktionieren. Deren globale Reichweite schlägt alles Nationale. In Katar haben das die Regierenden bestens verstanden. Mit Paris St. Germain halten sie sich ein Heldenensemble und werden mit schon 50-prozentiger Chance mit einem der ganz Großen Weltmeister. Mit Lionel Messi oder Kylian Mbappé.
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