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Messerstecher in WuppertalHaftstrafe für rechte Hooligans

Vor dem Autonomen Zentrum attackierten drei Täter einen Besucher und verletzten ihn schwer. Jetzt müssen zwei der Angreifer in den Knast.

Im Landgericht Wuppertal (Archivbild) wurde der Fall verhandelt. Foto: dpa

Wuppertal taz | In Wuppertal ist am Mittwoch der Prozess gegen drei Rechtsextreme aus dem Hooligan-Spektrum zu Ende gegangen. Den drei Angeklagten wurde vorgeworfen, im April 2015 einen Besucher des „Autonomen Zentrums“ (AZ) in Wuppertal schwer verletzt zu haben. Die Verteidigung der Angeklagten plädierte dafür, die drei freizusprechen. Wenn überhaupt, habe der Hauptangeklagte in einem „Notwehrexzess“ gehandelt und müsse deshalb straffrei bleiben. Das Gericht folgte der Forderung nicht.

Der Hauptangeklagte Patrick P. wurde zu einer achtjährigen Haftstrafe wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Messerstiche, da ist sich das Gericht sicher, hätten ohne schnelle Behandlung tödliche Folgen gehabt.

Der Mitangeklagte Thomas P. wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt, Rolf B. zu 9 Monaten Haft, die auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei allen Angeklagten kam erschwerend hinzu, dass sie wegen Gewaltdelikten vorbestraft sind. Auch die neonazistische Gesinnung der Angeklagten spielte bei der Urteilsbegründung eine Rolle.

Die drei Angeklagten hatten sich am Tattag verabredet, um die Busanreise zu einer „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstration (Hogesa) in Karlsruhe zu organisieren. Am Abend, nachdem sie zusammen einige Biere konsumiert hatten, entschlossen sie sich laut Urteilsbegründung, das AZ aufzusuchen, um es für eventuelle spätere Angriffe auszukundschaften. Im AZ wurde Thomas P. als Neonazi identifiziert und zum Verlassen aufgefordert. Vor dem Gebäude eskalierte die Situation. Die drei Angeklagten schlugen, traten und stachen auf einen Besucher des AZ ein und flohen. Das Opfer blieb schwer verletzt liegen. Nach der Tat lag der Mann, mit Messerstichen verletzt, über vier Wochen im Koma.

Alte Feindbilder der Polizei

Eine undurchsichtige Rolle in Bezug auf den Angriff spielt die Wuppertaler Polizei. Kurz nach dem Angriff wurde eine Stellungnahme veröffentlicht, in der von Angriffen auf Sanitäter und Polizeibeamte durch Besucher des AZ die Rede war. Gegen diese hätte man Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen müssen. Im Prozess wurde dieser Darstellung von eingesetzten Rettungssanitätern widersprochen. Man sei zusammen mit den Polizisten in das AZ gewunken worden. Die Einsatzleitung habe sie später rausbeordert.

Wuppertaler Autonome kritisieren die Darstellung der Polizei. Hier werde ein altes Feindbild gepflegt, ohne die Geschehnisse der Nacht zur Kenntnis zu nehmen. Eine Aktivistin kritisierte zudem: „Die politische Dimension des neonazistische Angriffs wird in der Stadt nicht wahrgenommen, und auch im Prozess spielte sie nur am Rand eine Rolle.“

Die drei Angeklagten sind, anders als sie im Prozess zu suggerieren versuchten, in die rechtsextreme Szene eingebunden. Patrick P. war über mehrere Jahre Schatzmeister der NPD in Krefeld. Die anderen Angeklagten nahmen an Demonstrationen von Pegida, Hogesa und der Partei „Die Rechte“ teil. Thomas P. und Rolf B. beteiligten sich im Januar 2015 außerdem an einem versuchten Überfall auf eine Mahnwache anlässlich des NSU-Bombenanschlags in Köln. In einer „WhatsApp“-Gruppe mit über 100 Mitgliedern berieten die Angeklagten über Angriffe auf linke Zentren. Auch das AZ in Wuppertal wurde von Thomas P. als potenzielles Ziel in den Chat eingebracht.

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3 Kommentare

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  • Immerhin. Ein Anfang. Warum diese gefährlichen braunen Gewaltverbrecher und Wiederholungstäter nicht in anschließende Sicherungsverwahrung genommen werden, erschließt sich mir nicht.

  • Wie kann man denn eine Strafe wegen Gewaltanwendung zur Bewährung aussetzen, wenn die Täter schon wegen Gewaltdelikten vorbestraft sind. Die Gesellschaft wird hier nicht vor Gewalttätern geschützt.

  • Bleibt zu ergänzen, daß nicht nur die Rettungssanitäter aus dem AZ rausbeordert wurden. Da liegt ein Mensch zwischen Leben und Tod. Und dem eintreffenden Notarzt wird der Zugang verweigert, bis Polizeiverstärkung eintrifft. Und kein Staatsanwalt ermittelt.