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Merz’ Verantwortung für das KlimaEr wird es noch zu spüren kriegen

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Die neue Koalition nimmt Klimaschutz ernst, sagt sie. Dann müssen angesichts trüber Prognosen den Worten aber auch Taten folgen.

Volle Pulle Umweltschutz: Es braucht viel Geld für E-Auto-Förderung

A n den deutschen und europäischen Klimazielen halte man fest, das wollte Friedrich Merz in seiner Regierungserklärung unmissverständlich festhalten. Einen Tag später stellt der Expertenrat Klima seiner Bundesregierung ebenso unmissverständlich fest: Dann kann es so nicht weitergehen.

Die Klimaziele für das laufende Jahrzehnt werden gerade so eingehalten, dank schwächelnder Industrie und Habecks Wind- und Solar-Turbo. Aber zwischen 2031 und 2040 werden die deutschen Emissionen 20 Prozent höher sein als im Klimaschutzgesetz festgeschrieben. Nötig wären jetzt massive Investitionen in die Schiene, viel Geld für E-Auto-Förderung (netter Nebeneffekt ist die Rettung der deutschen Autoindustrie), stark verbilligte Wärmepumpen, ein klarer Plan für einen Gasausstieg.

Das ist alles nicht neu, Merz könnte sich aus einer großen Kiste mit tollen Klimaschutz-Ideen bedienen. Es reicht nicht, sich zu Klimazielen zu bekennen. Man muss auch etwas dafür tun. Alles andere ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsextreme. Die Erd­erhitzung trägt schon jetzt zum trockensten Frühjahr seit Messbeginn bei. Dürre breitet sich aus. Das strapaziert Landwirt*innen, deren Proteste vergangenes Jahr von Rechtsextremen gekapert wurden. Und es belastet die Kommunen, die häufig zu arm sind, um Jugend- und Sozialarbeit zu finanzieren. Auch das stärkt Rechtsextreme, die diese Lücke füllen. Fehlender Klimaschutz wirkt sich auf alle Bereiche der Gesellschaft aus und macht das Leben für De­mo­kra­t*in­nen schwerer.

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Es mag sein, dass Friedrich Merz das Ausmaß der Klimakrise noch nicht verstanden hat. Aber die deutschen Geheimdienste haben es verstanden, warnen vor dem Klimawandel wie vor Russland und Terroristen. Auch dieses Jahr wird nicht ohne tausende Hitzetote und Überschwemmungen in Europa vorbeigehen. Wie gefährlich die Erderhitzung ist, wird Merz früh genug lernen. Scheitert er am Klimaschutz, scheitert er als Kanzler. „Schaden vom deutschen Volke abwenden“, soll er, jedenfalls laut Amtseid. Na dann an die Arbeit.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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6 Kommentare

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  • Non fossile energy-for all-for free.



    Das ist aktuell leider die einzige strategische Ausrichtung die zu einer weltweiten Lösung führen könnte. Und das heißt schnell große Investitionen in nachhaltige "technische/intelligente" Energiegewinnung. Anreize zu setzen, um z.B. massiv in Windparks zu investieren wäre ein Ansatz um private Gelder in diese Richtung zu leiten. Unsere geradezu marginalen nationalen CO2 Einsparbemühungen sind zwar gut gemeint und beruhigen das individuelle Gewissen, sind jedoch geradezu bedeutungslos hinsichtlich des außereuropäischen steigenden Energieverbrauchs.

    P.S. :"Alles andere ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsextreme." Der Autor:in ist hoffentlich klar, dass hierdurch der wear out Effekt



    beim Begriff "Rechtsextrem" befeuert wird.

  • Einige Sätze in den wenigen bisherigen Kommentaren möchte ich gern unterstützen - oder auch nicht:



    Ein "Glaubenssatz", den auch ich vertrete: Energiesparen sollte vor dem Ausbau von Energieerzeugung stehen.



    Die meisten Leute ahnen nicht im Entferntesten, was da alles möglich ist, vor allem im Zusammenhang mit technischem und gesellschaftlichem Umbau. Da gibt es einen immensen Informationsbedarf. Keiner kann ad hoc berechnen, wieviel Gütertransport auf der Schiene unter welchen Bedingungen für das Klima bringt, sicher ist aber, auf Dauer bringt es etwas. Wir können uns auch nicht leisten, bestimmte Entwicklungen nicht zu kontollieren bzw. zu verbieten. Wo bleibt das Tempolimit (eins der kleinsten der so erzeugten Probleme). Zur Machbarkeit von Lösungen zur Nutzung alternativer Energien: Das ist nicht übersichtlich, sondern ein Prozess, der ständig Ergebnisse aus Ergebnissen produziert. Zur vielzitierten Dunkelflaute kann heute noch niemand sagen, welches technische Kraut zum Umgang damit noch wachsen kann. Mit Sicherheit wird nichts gehen, was man nicht versucht. Es geht um wertvolle Zeit und Chancen. Das hat der ziterte Expertenrat leider nicht unmissverständlich ausgesprochen.

  • "Es reicht nicht, sich zu Klimazielen zu bekennen. Man muss auch etwas dafür tun. Alles andere ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsextreme."

    Steile These.

  • Wieviel trägt denn die anvisierte Aufrüstung zur Klimaveränderung bei?

  • Da Merzi eh nix mehr spürt - ein hoffnungsloser Optimist der anderes vermutet - sollten wir alle entschieden mehr Eigenverantwortung übernehmen.



    Mündige Bürger dürften dazu in der Lage sein....

  • Die Aussage "Nötig wären jetzt massive Investitionen in die Schiene, viel Geld für E-Auto-Förderung (netter Nebeneffekt ist die Rettung der deutschen Autoindustrie), stark verbilligte Wärmepumpen" suggeriert mal wieder den Mythos, "mach es mit Strom und alles ist gut". Da der Strom auch irgend woher kommen muss, müssen also entsprechende Energielieferanten genau so gedacht/gefordert werden. Hier hakt es allerdings, da die Bereitschaft der Bevölkerung nicht besonders groß ist, Windräder und Solarparks in ihrer Umgebung zu akzeptieren und auch, technisch gesehen, die Probleme der Zwischenspeicherung nicht gelöst sind.



    Da ich nicht sehe, dass sich der Energiebedarf nachhaltig befriedigen lässt (wir erzeugen, auf den Gesamtenergieverbrauch betrachtet, nicht mal 20% regenerativ), denke ich, dass nur Energiesparen hilft. Also kleinere Autos, Fahrräder ohne Elektro, kleinere Wohnungen, weniger häufige, aber zuverlässigere ÖPNV-Angebote.



    Damit wird die (Auto-)Wirtschaft natürlich nicht gerettet und es wird uns allen zumindest gefühlt schlechter gehen.



    Den Glauben an die technische Machbarkeit weiter zu protegieren halte ich aber für verfehlt, da er auch wahnsinnig aufwendig ist.