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Menschenrechtsverstöße in ThailandAmnesty sieht „Klima der Angst“

Unter der Militärjunta häufen sich Menschenrechtsverstöße, wie jetzt zwei Berichte zeigen. Die Generäle übernehmen Schlüsselpositionen im neuen Kabinett.

Von Menschenrechtlern kritisiert: General Prayuth Chan-ocha. Bild: ap

BANGKOK taz | Menschenrechtsverletzungen sind im „Land des Lächelns“ nichts Neues. Doch seit dem Putsch vom 22. Mai hätten zahlreiche Verhaftungen, Vorwürfe von Folter, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie unfaire Verhandlungen vor Militärgerichten „ein Klima der Angst“ erzeugt.

Das erklärt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Inzwischen häufen sich die Vorwürfe massiver Menschenrechtsverstöße. Die Junta, deren Generäle Schlüsselpositionen im neuen Kabinett belegen, hat die Verletzungen von Menschenrechten wiederholt geleugnet.

Amnesty zitiert das Beispiel der fast einen Monat lang festgesetzten Aktivistin Kritsuda Khunasen: „Wenn ich zu langsam, gar nicht oder nicht direkt geantwortet habe, wurde ich mit einer Faust ins Gesicht, in den Magen und auf den Körper geschlagen.“ Zudem sei ihr mit einer Plastiktüte die Luft abgeschnürt worden, erklärte die Frau.

Der Fall von Kritsuda, die Thailand Richtung Europa verlassen haben soll, ist Kritikern zufolge nur eines von vielen Beispielen systematischer Unterdrückung. „Die Autoritäten müssen dieses verstörende Muster der Repression und Menschenrechtsverletzungen beenden“, fordert Amnestys Asien-Direktor Richard Bennett. Die Junta hingegen sagt, Vorgeladene würden nicht mehr als sieben Tage in Gewahrsam bleiben und gut behandelt. Die von Kritsuda erhobenen Vorwürfe wiesen die Militärs als „fabriziert“ zurück. Ihr Youtube-Video wurde blockiert.

Repression gegen „Rothemden“

Ähnliche Kritik kommt von den Thailändischen Anwälten für Menschenrechte (TLHR). Demnach seien mindestens 571 Personen vorgeladen und davon 266 verhaftet worden. Das seien nur die offiziell bekannten Fälle.

Überwiegend richteten sich die Repressionen gegen Angehörige der so genannten „Rothemden“, also Anhänger der entmachteten Regierung unter Expremierministerin Yingluck Shinawatra sowie ihres Bruders Thaksin. Der war 2006 vom Militär gestürzt worden. Im Visier der Junta sind auch Journalisten, Akademiker und Aktivisten, die als Kritiker des Putsches bekannt sind und sich gegen den politischen Missbrauch des drakonischen Gesetzes gegen Majestätsbeleidigung aussprechen.

Letzterer Bericht hätte eigentlich schon vergangene Woche veröffentlicht werden sollen. Doch die Junta ließ das von TLHR und AI in Bangkok geplantes Forum blockieren. Die Organisatoren wurden mit strafrechtlicher Verfolgung bedroht, sagt Anwältin Pawinee Chumsri. Erst kürzlich waren die Aktivistin Phayao Akkahad, ihr Sohn sowie ein Mitstreiter für Stunden festgenommen worden. Sie hatten die Entscheidung des Strafgerichts kritisiert, eine Mordanklage gegen Exregierungschef Abhisit Vejjajiva zurückzuweisen. Während seiner Amtszeit waren die Proteste der Rothemden vom Militär gewaltsam niedergeschlagen worden. Dabei starb im Mai 2010 Phayaos Tochter Kate. Der heutige Juntachef Prayuth Chan-ocha war damals Vize-Armeechef.

Prayuth, der sich durch die von der Junta handverlesene Nationalversammlung zum Premier „wählen“ ließ, hat inzwischen Schlüsselpositionen im Kabinett wie das Verteidigungs-, Innen-, Außen- und Justizministerium mit Vertrauten aus dem Militär besetzt.

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5 Kommentare

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    Das größte Problem bei diesem längst überfälligen Schritt dürfte sein, daß das Königreich Thailand bisher kein Unterzeichner-Staat des "Römischen Statuts" ist. Wie diese "juristische Klippe" im Fall des Kriminellen Thaksin Shinawatra, der sich weiterhin auf der Flucht vor seiner rechtskräftigen Gefängnisstrafe befindet und im selbstgewählten Exil (meist in Dubai) lebt, umschifft werden soll, ist bisher noch nicht erörtert worden.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    [Überwiegend richteten sich die Repressionen gegen Angehörige der so genannten „Rothemden“] - Hat vielleicht einer gedacht, die Millionärs-Generäle stünden nicht auf der Seite der reichen Gelbhemden?

    • @774 (Profil gelöscht):

      Gelbhemden gibt es schon lange nicht mehr. Die ueberwiegende Mehrheit der Bevoelkerung steht auf Seiten der neuen Regierung. Und die will so schnell wie moeglich zu echten demokratischen Wahlen statt der bisherigen Scheinwahlen kommen. Und das - wie bisher ja auch - voellig unblutig.

       

      Klar ist das der Super-GAU fuer Thaksin.

  • Die Tatsache, daß dieser AI-Bericht vor Ort in Thailand in allen Medien veröffentlicht wurde und seitdem auf breiter Front öffentlich kontrovers diskutiert wird, zeigt zumindest auf, daß die Behauptung von den "Repressionen gegen Andersdenkende" oder der "Gleichschaltung der Medien" eine Mär ist.

     

    Wäre es so, wie AI und die bekannten Sprachrohre von Robert Amsterdam darstellen (sollen), könnte diese Diskussion ebenso wenig stattfinden wir die über angebliche "Verfehlungen" der neuen Regierung. Beim Beispiel von einer überteuerten Sprechanlage für die Kabinetts- und Ausschuß-Räume wird überdeutlich, daß die Hinweise auf möglicherweise zu hohe Kosten von Prayuth und seiner Mannschaft sehr ernst genommen werden (so wurde umgehend eine Untersuchungskommission eingesetzt, die die Umstände bei der Vergabe dieses Auftrages an die Fa. Bosch erforscht).

     

    Man sieht: Es wird längst nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht wurde - und wer die Bevölkerung ernsthaft befragt, wird schnell sehen, daß die übergroße Mehrheit mit dem "eisernen Besen" der neuen Regierung, mit dem die Korruption bei den Sicherheitskräften, Behörden, Unternehmen und Einzelpersonen eingedämmt werden soll, überaus zufrieden ist. Seit dem "sanften, unblutigen Coup" gab es nämlich keine Überfälle von Terroristen auf unschuldige, friedliche Menschen mehr. Schon das ist ein großer Erfolg. Würde es nach den Thais gehen, könnte diese Regierung auch noch 4 oder 5 Jahre an der Macht bleiben, wenn sie es weiterhin schafft, den angesammelten Schmutz zu beseitigen.

  • Es "häufen" sich zwar die Berichte, aber alle haben eines gemeinsam: Sie stützen sich in ihren Vermutungen, Annahmen, Befürchtungen und Behauptungen einzig und allein auf ein "Interview" mit der genannten Kritsuda, die nach ihrer Entlassung aus dem Gewahrsam noch fröhliche Interviews mit diversen Zeitungen gegeben hat, in denen sie beteuerte, daß es ihr wirklich gut gehe - und wer sich die Bilder angesehen hat, konnte bei besten Willen nichts entdecken, was auf die angebliche Folterung hingewiesen hätte.

     

    Auch ist kein ärztliches Attest ausgestellt worden, was die angeblichen Schläge und sonstige Drangsalierung untermauern könnte. Man darf sicher sein, daß es Herr Amsterdam, der vom rechtskräftig zu 2 Jahren Gefängnis verurteilten Milliardär Thaksin Shjinawatra, der weiterhin auf der Flucht vor seiner Strafe und weiteren Anklagen ist, dafür bezahlt wird, für Thaksin und seine kriminelle Clique Propaganda zu betreiben, nicht unterlassen hätte, seine einzige "Kronzeugin" vorzuführen, wenn auch nur ein winziger Beweis für die kruden Anwürfe existieren würde.

     

    Selbstverständlich ist jede Form von Gewaltanwendung gegen Gefangene (auch unter Kriegsrecht) zu verurteilen - und Folter bleibt zu Recht international geächtet. Solche Behauptungen wie die von Frau Kritsuda und ein paar (anonym bleibenden) "Kollegen" sind allerdings ebenfalls zu hinterfragen. Allzu schnell werden - wie die Geschichte lehrt - derlei Vorwürfe völlig grundlos erhoben;mit und ohne Geldleistung an die "Zeugen".