Mein Sohn und seine neue Geschäftsidee: Der Corona-Verkäufer

Mein Sohn Mehmet geht neuerdings morgens um 8 aus dem Haus und kommt spätabends mit einem Haufen Geld wieder. Was ist da los?

Ein Mitarbeiter von Boditech Med hält ein Teströhrchen für einen Covid-19-Antikörpertest in der Hand.

Immun oder nicht? Covid-19-Antikörpertest der südkoreanischen Firma Boditech Med Foto: dpa

Mein kommunistischer Sohn Mehmet hat selbst an diesen Corona-Tagen, wo die ganze Welt zu Hause gelangweilt rumsitzt, eine neue Geschäfts­idee entwickelt und schwimmt im Geld. Er ist der kapitalistischste Kommunist, den ich kenne. Nach seiner letzten grandiosen Idee bin ich selbstverständlich total gespannt, was der ewige Student schon wieder in seinem stillen Kämmerlein für eine Geldmaschine ausgebrütet hat?

Letztes Jahr hatte er eine Briefwahl-Mitbenutzungszentrale gegründet. Er kaufte von politikmüden Eingeborenen ihre Briefwahlunterlagen für 22,50 Euro ein und verkaufte sie an Migranten ohne Wahlrecht weiter – für 45 Euro! Das Geschäft war ein Riesenerfolg. Wir mussten sogar für einige Wochen unten im Keller schlafen, weil unsere ganze Wohnung mit Briefwahl­unterlagen vollgestopft war.

Diesmal befürchtet er offenbar Konkurrenz aus der eigenen Familie – er erwähnt seine neue Geschäftsidee mit keinem Wort. Er geht jeden Tag morgens um 8 Uhr mit einer schwarzen Aktentasche aus dem Haus und kommt spätabends mit einem Haufen Geld wieder zurück. Und wenn ich ihn danach frage, rennt er schnell weg, angeblich weil ich die Corona-Abstandsregeln nicht kenne.

Am nächsten Tag hänge ich mich frühmorgens an seine Fersen. Was ich dann zu sehen bekomme, verschlägt mir die Sprache! Mehmet läuft von Tür zu Tür und kassiert Geld – einfach so! Erpresst er etwa die ganze Stadt? Sieht überhaupt nicht danach aus! Er wird jedes Mal total begeistert empfangen und im Überschwang der Gefühle pfeifen die Leute sogar auf alle Coronaregeln und küssen ihn mitten auf den Mund!

Bei Allah, Mehmet ist denen wichtiger als ihr Leben! Ist er ein Internet-Star geworden? Hat er ein Corona-Gegenmittel erfunden? Beherrscht er die Kunst der Fern-Hypnose? Total neugierig klingele ich auch an zwei Türen, nachdem er umarmt, geküsst und mit viel Geld verabschiedet wurde – und werde sofort wie ’n Hund weggejagt!

Wieder zu Hause frage ich seine Mutter, was ihr Sohn denn schon wieder im Schilde führt?

„Ich weiß es nicht“, rätselt sie genauso wie ich. „Seit Tagen grüßt er mich nicht mal.“

„Ich weiß, warum“, schimpfe ich. „Weil der Hundesohn Angst hat, wir könnten Geld von ihm verlangen! Und genau das werde ich jetzt tun!“

Als Mehmet um Mitternacht nach Hause kommt, nehmen wir ihn in die Zange.

„Junge, du kommst hier nicht weg, bevor du mit der ganzen Wahrheit rausrückst. Bist du etwa der neue Mafia-Boss? Kassierst du Schutzgelder?!“

„Quatsch! Als guter Kommunist befreie ich die Menschen von ihren Ketten. Ich stecke sie mit Corona an und werde dafür bestens bezahlt.“

„Wie bitte? Willst du uns für dumm verkaufen?“

„Das stimmt. Ich habe Corona und ich verkaufe meine Coronaviren. Die Leute sind es leid, sich monatelang zu verstecken. Sie wollen es endlich hinter sich bringen und ihr altes Leben weiterleben. Komm, lass dich auch küssen, Papa!“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist Satiriker in Bremen. Er liest seine Geschichten im Radio bei Cosmo unter dem Titel „Alltag im Osmanischen Reich“. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.