piwik no script img

Meduza-Auswahl 8. – 14. MaiWas Putin beim Treffen in der Türkei erreichen will

Am Donnerstag wird dort ein Ende des Kriegs in der Ukraine verhandelt. Putin könnte den Wunsch von US-Präsident Trump nach einem diplomatischen Erfolg ausnutzen.

Der russische Präsident Vladimir Putin im Großen Kremlpalast in Moskau, am 11.5.2025 Foto: Sergei Bobylev/photo host agency ria novosti/ap

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Zeit vom 8. – 14. Mai 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Was Putin beim Treffen in der Türkei erreichen will

Wolodymyr Selenskyj hat erklärt, er werde in die Türkei fliegen und dort am Donnerstag, dem 15. Mai, wieder direkte Verhandlungen aufnehmen – mit Russlands Präsident Wladimir Putin persönlich. Sollte Putin tatsächlich erscheinen, will auch US-Präsident Donald Trump an dem Treffen teilnehmen. Das weitere Vorgehen in der Türkei hängt also von Wladimir Putin ab. In einem aktuellen Essay warnen nun Experten des Thinktanks Re: Russia, dass die Gespräche nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa enorme Risiken bergen. Meduza fasst deren wichtigste Argumente auf Englisch zusammen.

Die Analysten argumentieren, dass Putins Vorschlag nicht die Verzögerungstaktik ist, als die er erscheinen mag. Vielmehr könnte der russische Präsident Trumps Wunsch nach einem großen diplomatischen Erfolg – unabhängig von dessen Inhalt – ausnutzen.

Oder ist der russische Präsident doch selbst zerrissen?

Ganz so eindeutig sieht wiederum Alexander Baunow, Senior Fellow am Carnegie Berlin Center für Russland und Eurasien, Putins Taktik nicht. Während Donald Trump zwischen zwei Theorien hin- und hergerissen sei – „Putin will Frieden“ und „Putin führt mich an der Nase herum“ –, sei Putin selbst zerrissen, erklärt er. Meduza berichtet auf Russisch.

Baunow blickt ähnlich auf Putin wie Sergei Radchenko, Professor an der Hopkins University. Er erinnert daran, wie Josef Stalin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zwischen dem Verlangen, so viel wie möglich zu erobern, und dem Wunsch, zumindest einen Teil der Eroberungen zu legalisieren hin- und hergerissen war. Die derzeitige Situation sei ein weiterer Ausdruck des für die russische Außenpolitik typischen Schwankens zwischen Macht und Legitimität. Moskau könne sich mit seiner Macht vieles erlauben – aber die Quelle der Legitimität liege in den westlichen Hauptstädten, vor allem in Washington.

Ohne legalen Status hat man es in Russland schwer

Anfang 2025 hat Russland ein landesweites Register für „kontrollierte Personen“ eingeführt: ein System zur Erfassung von Ausländern, die sich ohne legalen Status im Land aufhalten. Wer auf dieser Liste landet, muss mit großen Einschränkungen leben: Betroffene können den Zugang zu ihren Bankkonten verlieren, dürfen ihre Region nicht verlassen, kein Auto fahren, keine Unternehmen anmelden und nicht heiraten.

Die Aufnahme in das Register ist nicht immer das Ergebnis eines Rechtsverstoßes; manche Menschen sind aufgrund bürokratischer Fehler auf der Liste gelandet. Die Streichung aus dem Register kann ein mühsamer Kampf sein – und manchmal erfolglos. BBC News Russian hat untersucht, wie das System funktioniert und wie es den Betroffenen ergeht. Meduza veröffentlicht eine Zusammenfassung der Berichterstattung auf Englisch.

„Das ist unser Weg“ – Wahlbeobachter vor Gericht

Am 12. Mai fand in einem Moskauer Bezirksgericht eine Verhandlung im Prozess gegen Grigori Melkonjanz, den Co-Vorsitzenden der unabhängigen Wahlbeobachterbewegung „Golos“, statt. Angeklagt ist er wegen seiner Leitung einer „unerwünschten“ Nichtregierungsorganisation. Die Staatsanwaltschaft beantragte für Melkonjanz sechs Jahre Freiheitsentzug – die Höchststrafe. Melkonjanz hielt in der Sitzung sein Schlusswort, das Meduza auf Russisch und vollständig veröffentlicht.

„Die richtige Wahl zu treffen, Ehrlichkeit und den gesunden Menschenverstand zu fördern – das ist unser Weg. Ohne uns können Wahlen nicht von selbst fair sein. Es sind die Menschen, die sie fair machen. Glückliche Menschen. Beobachten Sie, beteiligen Sie sich, freuen Sie sich am Leben – fördern Sie die Ehrlichkeit und den gesunden Menschenverstand. Tropfen für Tropfen, Schritt für Schritt, Tag für Tag“, sagte Melkonjanz darin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!