Meduza-Auswahl 6. – 12. März: Russlands Geschenk an Mütter toter Soldaten? Ein Fleischwolf
Zum internationalen Frauentag beschenkt die Regierungspartei „Einiges Russland“ Mütter von Gefallenen mit Küchengerät. Und wiegelt Kritik lapidar ab.

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Zeit vom 6. bis 12. März 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Größter Drohnenangriff auf Moskau bisher
Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass Luftverteidigungssysteme über Nacht 337 ukrainische Drohnen abgeschossen haben. Dies war der größte Drohnenangriff auf russisches Territorium seit Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine, berichtet Meduza auf Englisch.
Zu den Zielgebieten gehörten Moskau und die umliegende Region, wie Bürgermeister Sergej Sobjanin über Telegram berichtete. Bis Dienstagmorgen hätten die russische Luftverteidigung 74 Drohnen, die auf die Hauptstadt zusteuerten, abgeschossen, so Sobjanin. Es sei der bisher umfangreichsten Drohnenangriff auf Moskau gewesen. Trümmer einer abgeschossenen Drohne hätten das Dach eines Gebäudes im Süden der Stadt leicht beschädigt. In der Region Moskau wurden bei dem Angriff laut Gouverneur Andrey Vorobyov zwei Menschen getötet und 14 weitere verletzt.
Als Reaktion auf die Angriffe verhängte die russische Luftfahrtbehörde Rosaviatsiya vorübergehende Beschränkungen für die Moskauer Flughäfen Scheremetjewo, Wnukowo, Domodedowo und Schukowski.
Fleischwölfe für die Mütter toter Soldaten
Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, haben Mitglieder der Regierungspartei „Einiges Russland“ in der Stadt Polyarnye Zori im hohen Norden Russlands den Müttern von in der Ukraine getöteten Soldaten ein ungewöhnliches Geschenk gemacht: Fleischwölfe. Diese Geste löste eine vorhersehbare Reaktion aus. Doch die Partei verteidigt sich mit der Behauptung, die Frauen hätten ausdrücklich um die Geräte gebeten – und warf den Kritikern vor, „provokative Interpretationen“ zu verbreiten. Meduza berichtet auf Englisch über die seltsame Aktion.
Die Frauen hätten auch Blumen mit dem Fleischwolf bekommen. Laut dem Social-Media-Account der örtlichen Parteizweigstelle waren die Geschenke Teil einer Kampagne mit dem Titel „Blumen für die Mütter der Helden“.
Patientinnen berichten von Abtreibungen ohne Betäubung
Patientinnen eines öffentlichen Krankenhauses im russischen Surgut beschuldigen die dortigen Ärzte, Abtreibungen und andere gynäkologische Eingriffe ohne Betäubung an ihnen durchgeführt haben. Ihre Schmerzen seien ignoriert, die Frauen für ihr Leiden verhöhnt worden, berichten sie. Der Chefarzt des Krankenhauses weist die Vorwürfe zurück. Das regionale Gesundheitsamt gibt nun an, eine Untersuchung eingeleitet zu haben. Eine offizielle Beschwerde sei aber nicht eingereicht worden, behauptet das Amt. Meduza berichtet auf Englisch.
Anfang März tauchten erstmals Berichte über Abtreibungen ohne Betäubung im öffentlichen Spital von Surgut auf, als eine Patientin ihre Erfahrungen mit der Nachrichtenagentur Ura.ru teilte. „Ich wurde aus medizinischen Gründen zu einer Vakuum-Abtreibung geschickt, aber sie gaben mir überhaupt keine Betäubung. Ich saß auf dem Stuhl und war bei vollem Bewusstsein. Ich schrie vor Schmerz, und sie sagten mir, ich solle den Mund halten und aufhören, eine Zirkusvorstellung abzuziehen“, berichtete sie damals.
Soldaten in die Duma! Oder doch nicht?
Am 6. März berichtete der Telegram-Kanal Faridaily, dass der Kreml plane, bei den nächsten Parlamentswahlen in Russland im Herbst 2026 etwa 100 Veteranen des Ukraine-Krieges in die Staatsduma aufzunehmen. Diese zählt insgesamt 450 Mitglieder. Die Veteranen sollen Berichten zufolge als Kandidaten der regierenden Partei „Einiges Russland“ antreten. Quellen von Faridaily äußern Bedenken, dass Soldaten, die zu Politikern werden, unberechenbar seien. Meduza berichtet auf Englisch.
Im vergangenen Jahr bewarb sich eine große Zahl von Veteranen von Russlands Krieg gegen die Ukraine um ein öffentliches Amt in regionalen Versammlungen. Doch fast keiner von ihnen schaffte es durch die Vorwahlen von „Einiges Russland“. In Moskau scheiterten alle 14 solcher Kandidaten.
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