Medizinische Versorgung: Deutsche finden System gesund
85 Prozent der erwachsenen Bundesbürger sind zufrieden mit der gesundheitlichen Versorgung in ihrer Umgebung. Dies ist das Resultat einer repräsentativen Umfrage.
BERLIN taz Selbst die Sorgen vor dem Gesundheitsfonds, höhere Kassenbeiträge und Zuzahlungen können die allermeisten Menschen hierzulande nicht schrecken: Beachtliche 85 Prozent der erwachsenen Bundesbürger sind zufrieden mit der gesundheitlichen Versorgung in ihrer Umgebung. Besonders gut schneiden die praktischen Ärzte ab. Dies ist zumindest das Resultat einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.
Die Ergebnisse des "Gesundheitsbarometers 2009" ergeben ein überraschendes Bild. Die 2.000 Teilnehmer bewerteten die Leistungen des viel gescholtenen Gesundheitssystems fast durchweg als "eher gut" oder "gut" - ohne große Unterschiede zwischen den Urteilen privat und gesetzlich Versicherter. Besonders zufrieden zeigten sich die im November 2008 deutschlandweit Befragten mit Beratung und Freundlichkeit ihrer Haus- und Allgemeinärzte: 95 Prozent finden diese "eher gut" oder "gut". Fachärzte (89 Prozent) und Krankenhäuser (86 Prozent) schnitten im Vergleich deutlich schlechter ab. Kaum Unterschiede gab es zwischen Stadt- und Landbewohnern. Das ist erstaunlich, denn Ärzteverbände klagen seit langem, die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten, vor allem im Osten, stehe vor dem Kollaps.
"Absolut überrascht" habe ihn das verhältnismäßig geringe Vertrauen der Bürger in die Arbeit von Unikliniken, sagte Nils Söhnle von Ernst & Young. Diese Krankenhäuser hätten "ein Imageproblem trotz Höchstleistungsmedizin", urteilte Söhnle. "Anonyme" Behandlungen durch Klinikärzte schreckten viele Patienten ab - und seien indirekt mitverantwortlich für das bessere Abschneiden der Allgemeinärzte. Denn der regelmäßige persönliche Kontakt habe bei der Bewertung der Patienten vermutlich eine wichtige Rolle gespielt. Nur Heilpraktikern und Internetforen wird der Umfrage zufolge noch weniger zugetraut. Kliniken, die stärker auf persönliche Betreuung ihrer Patienten setzten, könnten demnach laut Söhnle einen "Wettbewerbsvorteil" im Konkurrenzkampf der Krankenhäuser erringen. Seit Jahren sinkt die Zahl der Kliniken durch Fusionen und Schließungen. Derzeit liegt sie bei knapp unter 2.100.
Die Studie offenbart auch auf den ersten Blick Widersprüchliches: Obwohl die meisten Befragten den Leistungen des Gesundheitssystems im Großen und Ganzen gute Noten gaben, haben immerhin 41 Prozent von ihnen das Gefühl, die Qualität der Versorgung in ihrem Umfeld sei in den vergangenen Jahren gesunken. 14 Prozent finden, ihr Niveau habe sich verbessert, 45 urteilten, es sei gleich geblieben. Dabei waren gesetzlich Versicherte (43 Prozent) deutlich unzufriedener als privat Versicherte (31 Prozent).
In Brandenburg, Bremen und Hessen sind besonders viele Befragte der Meinung, die Gesundheitsversorgung sei schlechter geworden. Am anderen Ende dieser Skala lag Sachsen vor Schleswig-Holstein und dem Saarland. Unterm Strich heißen Hamburger und Bremer das Niveau der gesundheitlichen Leistungen besonders gut, Brandenburger und Berliner sind hingegen am wenigsten zufrieden.
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