piwik no script img

Mediziner und KrankenkassenArena frei, die Ärzte kommen

Wie jedes Jahr wird über das Geld der niedergelassenen Ärzte verhandelt. Sie werden streiten, feilschen und betteln. Eine durchinszenierte Show.

Fühlen sich schlecht bezahlt: Ärzte auf einer Demonstration. Bild: dapd

BERLIN taz | Es dräut Gefahr. Und zwar für nichts Geringeres, so warnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung, als die „flächendeckende ambulante Versorgung“ der Patienten in Deutschland. Also nicht bloß die medizinische Betreuung derjenigen, die dummerweise auf dem Land wohnen und die es ohnehin schlecht haben mit den Ärzten. Nein, diesmal sind wir alle bedroht, alle Patienten, genauer: alle gesetzlich Versicherten zwischen Flensburg und Füssen. 70 Millionen Menschen.

Sie alle könnten möglicherweise schon im Herbst keinen niedergelassenen Arzt mehr finden, der bereit ist, sie zu behandeln. Wie auch? Die Praxisärzte können ja selbst nicht mehr: Sie machen ihren Job, manche sogar Vollzeit.

Sie haben alle Hände voll zu tun, Pharmavertreter und deren Geschenke zu empfangen, seit der Bundesgerichtshof unlängst festgestellt hat, dass dies bei niedergelassenen Ärzten keine Korruption ist. Sie ertragen ihre Patienten, mitunter auch solche, die statt eines Rezepts erstmal reden – reden! – möchten mit dem Arzt über ihre Krankheit. Und das alles für zuletzt durchschnittlich 165.000 Euro Jahresgehalt.

Streik, Streik, Streik!

Bereinigt – also ohne die Einnahmen von Privatversicherten und privat bezahlten Behandlungen – blieb den niedergelassenen Ärzten im vergangenen Jahr im Schnitt noch 134.000 Euro, die sie von der Kasse bekamen. Und selbst an dieses schmale Salär wollen die gesetzlichen Krankenkassen nun noch einmal ran. Auf 115.000 Euro soll das durchschnittliche Jahreseinkommen sinken, so könnten 2,2 Milliarden Euro gespart werden.

Begründung: Die Vergütung der Ärzte sei seit 2007 schneller gestiegen als ihre Kosten und ihre Leistung – ein Missverhältnis, sagen die Krankenkassen. Eine Unverschämtheit, sagen die Ärzte. Die Kassen ihrerseits horteten doch derzeit Reserven von mehr als 20 Milliarden Euro – und nun solle trotz dieses Polsters den Ärzten nicht zugestanden werden, was diesen doch zustehe: eine moderate Aufstockung um 20.000 Euro auf dann 154.000 Euro. Das existenzsichernde Minimum. Quasi.

Deswegen müssen die Ärzte sich jetzt erst einmal um sich selbst kümmern. Also um ihre Honorare. Heute wie jedes Jahr nach der Sommerpause streiten die Kassenärztliche Bundesvereinigung, also die Interessenvertretung der rund 129.000 niedergelassenen Ärzte in Deutschland, und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen darum, wie viel Geld die Mediziner bekommen. Dieses Ritual ist ohne martialische Streikdrohungen gar nicht mehr denkbar, genießt große öffentliche Aufmerksamkeit, und am Ende, dies vorweg, springt immer ein bisschen mehr für die Ärzte heraus.

Nur dieses Mal – da soll alles anders werden. Sagen die Kassen. Wenn ab Donnerstag das Gefeilsche beginnt, dann soll sich auch die Honorierung ärztlicher Leistung an der deutschen Lebens- und Einkommenswirklichkeit orientieren. Aber mal ehrlich: Seit wann haben Ärztehonorare etwas mit Lebenswirklichkeit zu tun?

Sechsstellig reicht

Eher schon mit Willkür. 2007 beschlossen Ärzte und Krankenkassen, dass der niedergelassene Durchschnittsarzt von den Kassen jährlich 105.000 Euro bekommen sollte. Patientennutzen? Qualitätssicherung? Irgendein anderer Referenzwert? Ach was. 105.000 Euro, das war sechsstellig – und damit aus ärztlicher Sicht gerade noch akzeptabel. Wie aber kommt diese Summe zustande?

Es ist nämlich in Deutschland nicht etwa so, dass ein und dieselbe Behandlung nach ein und demselben fixen Preis vergütet würde. Denn dann könnte man die Arbeit der Ärzte und wie sie bezahlt wird, ja hinterfragen oder gar kontrollieren.

Stattdessen bezahlen die Kassen ärztliche Leistung nach dem so genannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab, einem komplizierten Katalog, der jeder Einzeluntersuchung zunächst einmal eine bestimmte willkürliche Punktzahl zuschreibt.

Das Röntgen des Brustkorbs etwa ist derzeit mit 270 Punkten beziffert. Die Frage, wie viel ein Punkt wert sein soll, beschäftigt sodann regelmäßig Krankenkassen, Ärztelobby, Politiker und Streitschlichter; und auch bei den aktuellen Verhandlungen geht es hauptsächlich wieder um den Punkt. Derzeit gilt: ein Punkt gleich 3,5048 Cent. Für einmal Brustkorb durchleuchten bekommt ein Arzt also 9,45 Euro.

Es wird noch unlogischer

Aber auch dies ist variabel. Überschreitet der Arzt nämlich eine bestimmte Anzahl von Röntgenverordnungen und damit sein Budget – das sich wiederum nach Größe und Art der Praxis, ihrer Lage in Deutschland und einem Zungenbrecher namens Vorjahresuntersuchungsvolumen richtet –, dann erhält er nur noch einen abgestaffelten Punktwert. Heißt: Ab einer bestimmten Menge werden nur noch die tatsächlichen Untersuchungskosten vergütet (also etwa das Röntgenbild und seine Interpretation durch den Arzt), nicht aber anteilig die Fixkosten (etwa für Praxismiete oder Arzthelferinnengehalt). Bis hierhin unlogisch? Abwarten. Da geht noch mehr.

Verordnet der Arzt in einem Jahr besonders wenige Röntgenuntersuchungen, etwa deswegen, weil sie schlicht nicht notwendig sind, dann beeinflusst das die Höhe seines Budgets im kommenden Jahr empfindlich. Und zwar nach unten. Weswegen nicht bekannt ist, dass die Zahl der radiologischen Untersuchungen in Deutschland irgendwann einmal rückläufig gewesen wäre. Gleiches gilt selbstredend auch für ambulante Kniespiegelungen, Laboruntersuchungen und so weiter und so fort.

Heute feilschen Ärzte und Krankenkassen also zunächst um den Punktwert. Die Kassen möchten ihn von 3,5048 Cent auf 3,2537 Cent absenken. Diesen krummen Wert haben sie eigens und von einem Gutachter bestimmen lassen. Setzt man 3,2537 Cent in die Leistungsberechnungsformeln ein, dann kommen wie von Zauberhand am Ende 115.000 Euro Jahresdurchschnittsgehalt für einen niedergelassenen Arzt heraus.

900 Milliarden Punkte

Nächste Woche geht es dann um die Gesamtpunktzahl, also die Menge an Punkten, die insgesamt und auf alle denkbaren ärztlichen Leistungen zu verteilen ist – im vergangenen Jahr waren es 900 Milliarden. Weil es mehr alte Menschen gibt und diese häufiger krank werden, muss die Punktzahl natürlich steigen. Sagen die Ärzte. Klar: Denn eine höhere Gesamtpunktzahl müssen die Kassen bezahlen.

Da wird es Krach geben, aber der ist nur das Vorspiel für das ganz große Theater. Wenn nämlich verhandelt wird, welche Therapien künftig sehr viel mehr Punkte bekommen sollen, und welche nur ein bisschen mehr, dann gehen auch die Mediziner aufeinander los: Hautärzte gegen Radiologen, Augenärzte gegen Gynäkologen, Allgemeinärzte gegen Spezialisten.

Verstehen? Seit wann sind Rituale verständlich? Wer kann schon erklären, wie aus einem Stück Brot und einem Schluck Wein beim Abendmahl der wahrhaftige Leib Christi wird? Dafür gibt es die Oberpriester öhm… Hauptverhandler, Andreas Köhler (Ärzte) und Johann-Magnus von Stackelberg (Kassen). Aber die erhalten deswegen extra auch eine Aufwandsentschädigung. Stackelberg etwa 235.000 Euro, Köhler um die 300.000 Euro. Jährlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • KM
    Klaus Mengedoht

    Ein BLENDENDER Artikel - gekennzeichnet von der Unfähigkeit, EINKOMMEN und UMSATZ zu unterscheiden.

    Herr von Stackelberg wird über diesen Artikel begeistert sein....

    BLENDEND!

    Ein Artikel, der gemessen am Anspruch der TAZ unwürdig ist.

    Klaus Mengedoht, Bielefeld/Gütersloh

  • R
    r.m.

    Intelligenter und gut recherchierter Artikel. Da werden Summen genannt, die angeblich als Einkommen und nicht als Umsatz von den Krankenkassen an die Ärzte fließen.Wer zahlt dann eigentlich die Differenz zwischen Einkommen und Umsatz?

    Zu den Kommentaren zu dem Artikeln kann man freundlich sagen, dass sie zum Teil von von völliger Ahnungslosigkeit gekennzeichnet sind.

    Auch den Schreibern bösaritger Bemerkungen wünsche ich, dass sie im Bedarfsfall einen Arzt in der Nähe finden, der sie schnell und kompent versorgt und sich nicht beim Geldzählen gestört fühlt.

    VG

    R.M.

  • S
    Synoptiker

    Hier im Forum gibt es seltsame Zeitgenossen. Sie machen sich zu Fürsprechern und Lobbyisten der Arzte, obwohl sie offensichtlich Kassenpatienten und Beitragszahler sind. Da fällt mir nur noch der Spruch mit den dümmsten Schafen ein ...

  • A
    Arzt

    Wenn man Umsatz vom Einkommen nicht unterscheiden kann, sollte man es mit dem Journalismus eher bleiben lassen. Von den 135000 Euro muß alles bezahlt werden, von den Angestelllten bis zum Klopapier. Ausgenommen sind lediglich Medikamente und Verbände. Wenn man gut wirtschaftet bleiben vielleicht 35000 - 40000 brutto übrig, bei einem hohen Privatanteil deutlich mehr, oft aber auch viel weniger.

  • M
    Max

    Diejenigen, die sich hier über das Gehalt der Ärzte aufregen, sollten sich mal vor Augen führen, wie viele Ärzte nach abgeschlossenem Studium letztlich in Deutschland als Arzt arbeiten.

    Fakt ist nämlich, dass sich ein in Deutschland ausgebildeter Arzt in vielen Ländern für ein Leben mit geringerer Arbeitsbelastung und besserer Entlohnung entscheiden kann. Man würde durch Kürzungen nur den Abwanderungsdruck erhöhen und dafür schlechter qualifiziertes Personal aus Osteuropa anlocken. Auch die Pharmaindustrie lockt junge Ärzte mit guter Entlohnung.

    Wenn man in Deutschland flächendeckende ärztliche Versorgung auf westlichem Niveau will, dann muss das auch entsprechend entlohnt werden.

    Gehaltskürzungen regelt in solchen Fällen der Markt.

  • H
    hallo?

    @timo

    Unfug! Das sind die erwirtschafteten Überschüsse. Da sind die Betriebskosten schon abgerechnet.

     

    Das ist das Bruttoeinkommen der Ärzte.

    Was da noch abgeht, das geht bei jedem Selbständigen auch noch vom Lohn ab. Wenn man das nachschauen will, dann kann man auch ganz einfach im Statistischen Jahrbuch nachsehen, da ist das alles aufgeschlüsselt:

    https://www.destatis.de/DE/Publikationen/StatistischesJahrbuch/StatistischesJahrbuch.html

    In Kapitel 19 (Tabelle 19.6) Zahlen für 2007 und

    in Kapitel 23 (Tabelle 23.8.2) Zahlen für 2004

  • T
    Timo

    Das sind alles Umsatzahlen bzw: die ganzen Kosten gehen noch ab.

  • B
    Beitragszahler

    Und jeder Euro von den 134.000 kommt nicht von den Banken oder den Besserverdienenden, sondern von der Kassiererin im Supermarkt und dem Leiharbeiter am Bau, die für wenige Euro eine volle Stunde hart arbeiten müssen und denen diese astronomischen Vergütungen zwangsweise vom Lohn abgezogen werden. Wo ist die Grenze zur Sittenwidrigkeit?

  • DH
    Dr.Klaus Heine

    Die Angst vor dem Besitzschwund ist riesig. Das ist menschlich, denn homo sapiens rafft gern zusammen. Wie wäre es mit einem Bürgergehalt? Natürlich für Alle!

    Abgeben ist keine ausgesprochen menschl.Tugend,

    ...jedenfalls ist heute soziales Verhalten nicht mehr so gefragt. Mit dem Verdienst des ärztl.Behandlers wird gern sofort seine Leistungsfähigkeit und das Wohl des Patienten gekoppelt. Wieso eigentlich? Es ist doch paradox, daß Gerätemedizin und Pharmazie einen wesentl.

    höheren Wert bekommen, als eingehende Untersuchung und

    ausführliche Gespräche mit dem Patienten. Für effektive Aufklärung, Motivation u.Prävention ist kein Platz mehr im "Beute"-Schema. mundus vult decipi

  • W
    womue

    Manchmal wünschte ich mir, man könnte solche Ärztedemos einfach zusammenschießen bis auf den letzten Mann. Wie sonst kriegt man solches unverschämtes und überprivilegiertes Pack wieder auf den Boden der Tatsachen?

  • WP
    W. Pruckner

    Dieser Artikel ist mir "zu pauschal, zu plakativ" gehalten.

     

    Wenn von "Jahreseinkommen des Arztes" gesprochen wird,

    sollte man fairerweise

     

    A) differenzieren zwischen Allgemeinartz, der

    i.d. R. die 1.Anlaufstelle für die Patienten ist

     

    B) auch "die Ausgaben" für die gesamte Praxis wie Praxismiete, Personal, Labor, Versicherungen, nicht unerhebliche Ausgaben und Zeiten für Pflicht-Fortbildungen etc. mit beleuchten...

    Was bleibt dann am Ende für z.B. einen Landarzt noch übrig der sich wirklich um seine Patienten kümmert?

     

    Dann fehlt der Vergleich mit anderen Berufsgruppen:

    Jedenfalls liegt z.B. der Allgemeinarzt im Einkommen weit hinter jedem Filialleiter einer Bank oder einem Abteilungsleiter in der Industrie und das bei einer völlig anderen Verantwortung.

     

    Verantwortung?

    Wieso wird eigentlich nie über die Verantwortung einer ärzlichen Tätigkeit geschrieben und das Risiko des Arztes?

    Warum nur über das Geld, die Kosten?

    Sind wir schon so verkommen, dass es keine anderen Werte mehr gibt, wenn wir über unser Gesundheitswesen sprechen?

     

    Schon mal etwas von Leitlinien gehört?

    Warum wird nicht über die engen Grenzen geschrieben, die dem Allgemeinarzt gesetzt sind bei der Behandlung seiner Patienten?

    Unser heutiges nur noch monitär geleitetes Gesundheitswesen gibt diese knallhart doch vor.

    Und diese "Leitlinien" treiben doch ebenfalls die Kosten des Systems unnötig hoch!

     

    Die Entwicklung (dafür ist die Politik schuld!)läuft darauf hinaus, dass fortlaufend aus Arzt-Zentren nur noch Provit-Center werden mit Ärzten als Angestellte

    Es gibt schon genug Beispiele für die fortschreitende Übernahme unseres Gesundheitswesens durch rein gewinnorientierte Investoren!

    Hier gibt es ja auch was zu holen! Es geht um viele, viele Milliarden!

    Die Politik setzte ja schon die Rahmenbedingungen dafür ...

     

    Wieso wird nicht analysiert und aufgedeckt, wer diese Leitlinien ausheckt und wohin die Ergebnisse der erzielten Vorgaben unweigerlich führen und schon geführt haben?

    .. oder könnte dies die Leser langweilen? ...

    .. vielleicht ist es zu kompliziert oder

    .. es schadet der Karriere des Schreibers..

     

    Jedenfalls wäre genug Stoff für eine interessante Story vorhanden - ich fordere alle Schreiber auf sich endlich darum zu kümmern!

     

    Ich bin "nur Patient", nur politisch interessiert und gespannt ....

  • T
    Twilly

    K assen,

    A erzte &

    P olitiker,

    I mmer

    T törichtere,

    A bhängigere

    L obbyisten

    I m

    S umpf

    T ückischer &

    E goistischer

    N eoliberalen Leistungsfressen

  • H
    heinz

    Kürze Frage:

    Im Artikel wurden die Zahlen 115000 und 134000 € genannt.

    Bei einer der Zahlen stand, daß dies der Betrag sei, den die Ärzte von den Kassen erhalten würden.

    Sind denn da die Kosten schon rausgerechnet, handelt es sich also ums Netto-Einkommen v. Steuer? Oder ist das nur der "Umsatz"?

     

    Viele Grüße,

    Heinz

  • T
    Toby

    Mal von den sehr willkürlich wirkenden Finanzierungsmodellen abgesehen, wie kommt jemand der über 100.000€ verdient dazu streiken zu wollen? Es gibt viele (ebenfalls studierte) Fachkräfte die nur ein viertel oder noch weniger von dem Bruttogehalt eines Arztes bekommen und dabei nur all zu oft nicht mal ein Streikrecht zugesprochen bekommen, weil das mit dem Konzept der Nächstenliebe nicht konform wäre (Auslagerung in gGmbHs oder Zeitarbeitsfirmen aber natürlich schon).

     

    Natürlich hat ein niedergelassener Arzt als Selbstständiger noch gewisse zusätzliche ausgaben, aber vom Hungertod dürfte wohl keiner bedroht sein.

     

    Und das der Ärztemangel auf dem Land etwas mit der zu niedrigen Bezahlung von Ärzten zu tun hätte halte ich für ein Gerücht. Auch für 115.000€ im Jahr wird sich immer jemand finden der Arzt werden möchte. Dass es auf dem Land zu wenige gibt dürfte meines Erachtens schlichtweg daran liegen, das junge Menschen generell eher dazu tendieren sich in der Stadt nieder zu lassen. Damit geht den Landärzten schlichtweg der Nachwuchs aus. Daran ändert aber das Gehalt nichts.

  • K
    KarstenD

    Ohne Frage: Das jährliche Trara zwischen Ärzten und Krankenkassen geht jedem (außer den Beteiligten) auf den Senkel. Und egal wie es ausgeht: weder müssen die Ärzte (oder die Kassenvertreter) am Hungertuch nagen, noch bricht das Gesundheitssystem zusammen.

     

    Trotzdem halte ich es für wichtig in der Debatte nicht zu vergessen, dass die Summen über die da verhandelt wird kein Gehalt sind, sondern Betriebseinnahmen. Praxis, budgetkonform ausgelastete Röntgenapparate und Sprechstundenhilfen (ja, auch die unfreundlichen) sind für den Arzt ja nicht umsonst oder zum Kasseneinheitstarif zu haben.

    Das ganze System ist widersinnig: Wir fordern von Ärzten, dass sie wie Unternehmer arbeiten sollen, verhandeln mit ihnen dann aber über ein durchschnittliches Festgehalt. Und nicht nur das: wir bestrafen sie, wenn sie "zuviel arbeiten" und ihr Budget überschreiten. Andererseits dürfen sie Behandlungen, mit denen ihr Budget überschritten wird auch nicht verweigern ...

  • W
    Wiesensohle

    Wieder einmal bleibt die alls entscheidende Frage, deren Antwort die eigene Positionierung zur Problematik möglich machte, offen: Wie viel bleibt dem Arzt netto, d.h. nach Abzug aller Aufwendungen (Miete, Gehälter, Material usw.), Steuern und Abgaben? Auf diese Frage konnte ich -trotz emsiger Recherche im Netz- noch nie eine Antwort finden. Aber sie ist alles Entscheidend: Wenn der Doc die Hälfte seiner 165k€ behalten darf, dann ist das ein erkleckliches Einkommen, an dem es nichts zu meckern geben sollte. Ist es hingegen nur ein Drittel, dann ist das für einen hochqualifizierten Akademiker schon recht Mager.

    Ansonsten: Den Ärzten gönne ich die Kohle noch am ehesten, die Gesellschaft sollte da großzügig sein. Bei der Pharmalobby dürfte das Sparpotential noch immens größer sein. Denn noch immer, auch nach den jüngsten Neuerungen kosten in Deutschland Medikamente noch immer zwei- oder dreimal so viel wie im benachbarten, europäischen Ausland.

    Zu guter Letzt kann ich den Ärzten nur zu ihrem Engagement gratulieren. Vielleicht sollte die Linke Ärzte endlich mal auch als Werktätige wahrnehmen, die für ihre Rechte kämpfen. Denn, auch wenn sie wohlhabend sind: Zu den Kapitalisten gehören sie ganz sicher nicht. Sie arbeiten schließlich für ihr Geld. Und wenn sie jedes Jahr das gleiche Abziehen wie andere Gewerkschaften auch: Bitteschön. Kein Grund, polemisch zu werden. Immerhin sind sie schlauer als all die tausende Akademiker in der Forschung, die sich für ein paar Kröten ausbeuten lassen und dafür von der Verdi in den Tarifverhandlungen noch als Reiche, die man qua "sozialer" Komponente weiter schröpfen kann, hingestellt (aber für die Betonkommunisten bei Verdi ist das wohl ohnehin schon jeder, der mehr als den ALGII-Satz verdient...).

    Also: Lasst bitte die Ärzte zufrieden!

  • UR
    Uwe Roos

    Vorbei die Zeiten, als Gier und Habsucht noch versteckt und unter dem Deckmantel der akademischen Ausbildung und der beruflichen Verantwortung argumentativ verteildigt wurde. Mittlerweile leben wir in einer Kultur der offensiven Habgier. Schamlos werden Berufsethos und Patientenverantwortung ignoriert und Verweigerungshaltung und Streik als legitimes Mittel zur Vermögensmehrung eingesetzt.

    Heute mehr und morgen noch etwas mehr. Ein Fass ohne Boden, das durch einen starken Ärzte-Lobbyismus noch befeuert wird. Leidtragende sind Patienten und Beitragszahler, die immer mehr in ihren Leistungen beschnitten werden und gleichzeitig durch überhöhte Honorarforderungen indirekt zur Kasse gebeten werden.

    Dort wo politischer Wille nur Lippenbekenntnis ist und Lobbyismus die eigentlichen Richtlinien bestimmt,

    wird das System absehbar implodieren.

  • AS
    André S.

    In dem Artikel fehlt mir leider der Hinweis, ob das Geld tatsächlich dem Arzt zur Verfügung steht, oder ob das Geld an die Praxis gezahlt wird.

    Und dann relativiert sich das dann schon wieder: Der Arzt muss seine ArzthelferInnen bezahlen, seine Praxismiete, seine Gerätschaften. Und zumindest die ArzthelferInnen möchten ja auch ein an die Inflation angepasstest Einkommen...

  • N
    nanu

    Bravo!

    Bitte jede Woche Details aus dem Kartell, das sich aus Zwangsbeiträgen mästet!

  • SS
    schafft sie ab

    Wenn Ärzte streiken, werden weniger Leute krank.

     

    Ist das nicht seltsam?

     

    Am kränksten sind die Ärzte selber.

  • M
    Marco

    Also für mich muss die Aussage zum Gehalt mal mit ein paar Angaben zu den üblichen Ausgaben relativiert werden. Was kostet die Praxismiete im Monat? Wie lange und mit welchen Raten zahlt ein niedergelassener Arzt z. B. einen Röntgenaparat ab? Muss von diesem Bruttoeinkommen auch das Bruttogehalt der Arzthelferin bezahlt werden. Kann sich da mal jemand mit Einblick zu äußern?

  • C
    Christopher_S

    Guten Morgen Frau Haarhoff,

     

    wenn es nicht so traurig wäre, möchte man ja drüber lachen.

     

    Auch wenn Ihre Formulierung eindeutig GEGEN die Ärzte gerichtet ist, möchten sie doch eindeutig durch die ganzen Zahlenwerte, die Sie liefern, mehr als nur eine simple Polemik schreiben.

     

    An dieser Stelle hätte mich über eine Information gefreut, wie denn die Angestellten in einer Arztpraxis entlohnt werden, wie sich deren Einkommen entwickelt haben und wie deren Tätigkeit überhaupt erfasst und vergütet wird.

     

    Aus Ihrem Artikel geht leider für mich nicht klar hervor, ob die erwähnten 115.000€ eben nicht "nur" das privat verfügbare Einkommen der Ärzte darstellen, sondern auch die Umsatzleistung, aus der die übrigen Kosten bestritten werden müssen, darstellen.

     

    Über eine Konkretisierung wäre ich dankbar.

     

    Beste Grüße,

     

    Christopher_S