Mediaspree: Mediaspree im Ausschuss versenkt
Der Sonderausschuss Mediaspree nimmt seine Arbeit auf. Er muss vor allem versuchen, einen Kompromiss zu finden zwischen dem Wählerwillen beim Bürgerentscheid und den Interessen der Investoren.
Wenn am heutigen Mittwoch in Friedrichshain-Kreuzberg erstmals der Mediaspree-Sonderausschuss tagt, geht es um viel: Wie kann der Bürgerentscheid umgesetzt werden, in dem 87 Prozent der Wähler für mehr Freiflächen entlang der Spree votiert haben? Lassen die Investoren, die stattdessen lieber neue Häuser bauen wollen, sich auf Kompromisse ein? Und wer verfolgt welche Ziele? Die taz stellt die wichtigsten Akteure vor.
Der Vorsitzende
Mit Gumbert Salonek von der FDP ist ausgerechnet jemand Vorsitzender des Ausschusses geworden, der sich deutlich gegen das Bürgerbegehren positioniert hatte. Aber die Vorsitze werden reihum verteilt, und die FDP ist dran. Und Salonek versichert, er wolle neutral zwischen den Investoren und ihren Gegnern vermitteln: "Man kann die Meinung der Bürger nicht ignorieren", sagt er. Salonek will den Grundstückseignern freiwillige Zugeständnisse abringen. Als FDP-Mitglied stoße er vielleicht auf weniger Vorbehalte, hofft er.
Der AKtivist
Carsten Joost hat den Bürgerentscheid angestoßen und gewonnen. In der ersten Ausschusssitzung will er einen Vorschlag zum Osthafen vorstellen: Eine Freifläche für alle, ein "umwerfender Kontrast zu der bisherigen Planung". Bewegung erhofft er sich bei den Grundstücken der landeseigenen Betriebe: "Der Senat würde sich bundesweit ins Abseits stellen, wenn er die Flussufer nur als Wirtschafts- und nicht auch als Lebensraum sieht." Falls es im Ausschuss keine Einigung gibt, blieben immer noch Straßenaktionen.
Der Bürgernahe
Kurt Wansner steckt in der Zwickmühle. Der CDU-Abgeordnete aus Friedrichshain-Kreuzberg findet den geforderten 50-Meter-Abstand aller Neubauten zum Spreeufer zwar unrealistisch - doch das "drastische Ergebnis" des Bürgerbegehrens müsse berücksichtigt werden. Aufgabe des Ausschusses sei, darüber zu verhandeln, wie man Neubauten möglichst bürgernah gestalten könne. "Die Menschen im Bezirk müssen die Gegend auch nutzen dürfen", sagt Wansner, der selbst in Kreuzberg aufgewachsen ist. Dem Ausschuss räumt er gute Chancen ein.
Der Kämpferische
Der Bezirksverordnete Daniel Wesener sitzt für die Grünen im Ausschuss. "Die Leute wollen den Bezirk kämpfen sehen, und genau das werden wir tun", sagt er. Es gelte, für jedes einzelne Grundstück Kompromissmöglichkeiten zu suchen. "Wir erwarten von den Investoren ein Entgegenkommen", betont Wegener. Die Priorität der Ausschussarbeit müsse auf den landeseigenen Betrieben liegen. Die zum Kompromiss zu bewegen, sei "Landessache". Daher wolle man die Senatoren Wolf und Junge-Reyer zu den Gesprächen laden. Bei sensibler Verhandlung gebe es Raum für Kompromisse, schätzt Wegener die Lage ein.
Der Visionär
Nach Auskunft von SPD-Mitglied John Dahl plant seine Partei, "ein neues Leitbild vom Spreeraum" zu erarbeiten. Weniger dichte und hohe Gewerbe- und Bürobauten, mehr Wohnen und offene Uferwege. "Es geht um einen offenen Diskurs über die Zukunft des Areals", so Dahl. Dass Leitbilder viel Geld kosten, weiß er. Doch das Denken dürfe man sich nicht verbieten lassen.
Der Pragmatiker
Dass das Land die Spreeraum-Planung an sich ziehen könnte, wie Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer gedroht hat, hält Ausschuss-Mitglied Joachim Pempel (Linke) nicht für klug. "Der Bezirk muss seine Planungen selbst machen und auch verantworten können." Statt auf Konfrontation mit der Bürgerinitiative oder den anderen Parteien zu gehen, wolle die Linke "punktuell Kompromisse" suchen - etwa bei der Verkehrsplanung. Insbesondere die Flächen von Behala und BSR könnten mit mehr Wohnen oder Grünflächen neu beplant werden. Für "unsinnig" hält Pempel Maximalforderungen wie einen 50 Meter breiten Grünstreifen entlang der Spree.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!