Maulwurf-Verdacht beim FC Bayern: München will nicht NSA einschalten
Nachdem Interna aus Mannschaftsbesprechungen von Bayern München veröffentlicht wurden, will die Clubführung die Sache klein reden. Pep Guardiola ist sauer.
MÜNCHEN dpa | Pep Guardiola wittert Verrat, der FC Bayern sucht einen Maulwurf. Die Stimmung beim deutschen Fußball-Rekordchampion ist trotz des sportlichen Höhenflugs gereizt, nachdem offenbar Interna aus Mannschaftsbesprechungen des Triplesiegers nach außen gelangt sind.
Kurz vor der Champions-League-Reise nach Moskau machte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dem vermeintlichen Übeltäter via TV erheblichen Druck: „Ich kann demjenigen nur raten, schnell den Spielbetrieb einzustellen, sonst bekommt er ein ernsthaftes Problem, nicht nur mit Pep Guardiola, sondern mit dem ganzen Club.“
Im Vorfeld des 3:0-Bundesligasieg der Münchner im Gipfel bei Borussia Dortmund am Samstag sollen unter anderem taktische Anweisungen von Guardiola via „Bild“-Zeitung publiziert worden sein. Der Starcoach war angeblich bitter erzürnt. „Das gefällt keinem bei uns. Deshalb werden Mannschaftssitzungen intern gemacht, dass sie extern nicht kundgetan werden“, sagte Rummenigge bei Sky. Absprachen weiterzugeben „geht gar nicht“, bekräftigte der frühere Nationalspieler am Sonntagabend. Mediendirektor Markus Hörwick warnte am Montag den bayerischen Maulwurf: „Wenn derjenige identifiziert wird, gibt's ein Riesenproblem. Das wird der auch wissen.“
Nach fünf sportlich erstklassigen Monaten unter Guardiola drohen im Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft erste Risse. Die „Bild“-Zeitung will erfahren haben, dass der Spanier kurz vor der Partie gegen den BVB dem Urheber der Indiskretionen mit Rausschmiss gedroht habe. „Nie wieder“ werde der Maulwurf für den FC Bayern spielen, soll Guardiola demnach gesagt haben. Hörwick versuchte die öffentliche Aufregung etwas zu dämpfen. Der Thema werde „ganz klein aufgehangen“, beteuerte er, bei der Suche wolle man „kreativ vorgehen“ und „keine großen Nachforschungen“ anstellen.
Nicht der erste Maulwurf
„Das ist seit 30, 40 Jahren ein Thema in der Bundesliga, dass jemand Informationen nach außen streut und sich einen Vorteil erhofft“, sagte Rummenigge. Beim FC Bayern standen Maulwurf-Affären zuletzt im Fokus, als Giovanni Trapattoni (1996-1998) und Ottmar Hitzfeld (1998-2004) noch auf der Trainerbank saßen. Jürgen Klinsmann echauffierte sich 1996, dass den Medien Details aus seinem Arbeitsvertrag zugespielt werden würden: „Ich warte nur noch darauf, wann mein ganzer Vertrag als Kopie in der „Bild“-Zeitung steht.“
Ein Jahr später wurden Details aus einer heftigen Ansprache von Vereinschef Franz Beckenbauer („Scheiß-Mannschaft“) publik. 1998 beschwerte sich Lothar Matthäus lautstark, dass eine gegen ihn verhängte Geldstrafe in Boulevardblättern landete. „Es gibt schon wieder einen Maulwurf“, schimpfte er.
Auch die Bundestrainer mussten mehrmals nach Geheimnisverrätern fahnden – zuletzt Joachim Löw bei der EM im vergangenen Jahr, als vor dem Viertelfinale gegen Griechenland die Aufstellung schon Stunden vorher öffentlich wurde.
Jetzt droht in München wieder interner Krach. Besonders pikant ist die Affäre, weil Guardiola jedem seiner Profis auch öffentlich vehement Gefolgschaft und Loyalität abverlangt hat wie kaum einer seiner Vorgänger. „Wer meine Entscheidungen annimmt, den unterstütze ich – wer das aber nicht verstehen will, wird oft auf der Tribüne sitzen“, erklärte er im Herbst im vereinseigenen „Bayern-Magazin“. Guardiola wolle nun „alles tun, um herauszufinden, wer es ist“, behauptete die „Bild“. Mit einer Ausnahme: „Wir werden keine NSA einschalten“, scherzte Rummenigge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Der alte neue Präsident der USA
Trump, der Drachentöter
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby