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Maulkorb für FIS-Führer

■ Algeriens Islamistenchef Abassi Madani steht erneut unter Hausarrest

Berlin (taz) – Es gibt wohl kaum etwas, das Algeriens Machthaber mehr stört als der Ruf nach einer Dialoglösung für den seit über fünf Jahren andauernden Konflikt. Das mußte der Gründer der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS), Abassi Madani, gestern aus dem staatlichen Rundfunk erfahren. Nach dem Massaker in Rais am Freitag vergangener Woche, das über dreihundert Menschenleben forderte, hatte der Politiker in einem Brief an UN-Generalsekretär Kofi Annan angeboten, sich für einen Waffenstillstand im Machtkampf zwischen den radikalen islamischen Gruppen und der Armee einzusetzen. Das, befand nun ein Kommuniqué des Innenministeriums, sei „ein Verstoß gegen die mit seiner Freilassung verbundenen Auflagen“.

Nun steht Madani unter Hausarrest. Ein Verlassen seiner Wohnung im Stadtteil Belcourt in Algier oder der Kontakt mit familienfremden Personen habe die sofortige Inhaftierung zur Folge. Madani, der 1991 wegen seiner politischen Tätigkeit zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden war, hat noch eine Reststrafe von sechs Jahren offen, die bei seiner Freilassung Mitte Juli zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Bereits nach einer ersten improvisierten Pressekonferenz am Tag seiner Haftentlassung hatte das algerische Innenministerium versucht, Madani zum Schweigen zu bringen. Dieser gab trotzdem vereinzelt Interviews, in denen er immer wieder die Verhandlungsbereitschaft der FIS bekräftigte.

Während in Algerien am vergangenen Wochenende weitere 48 Menschen bei Anschlägen und Überfällen ums Leben kamen, stärkte der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Mohammed Said Tantawi, die höchste geistliche Autorität der Muslime, dem dialogbereiten Teil der algerischen Islamisten den Rücken. Er verurteilte die Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA): Wer „Frauen und Kinder abschlachtet, als handle es sich um Tiere“ verstoße gegen Gott und seine Propheten und müsse deshalb bestraft werden. Reiner Wandler

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