piwik no script img

Matthias Matussek stellt neuen Roman vorSelbststilisierung im rechten Sumpf

Der Ex-Spiegel-Journalist Matthias Matussek macht in seinem neuen Roman sich selbst zum Thema. Am Freitag stellt er ihn auf einer AfD-Veranstaltung vor.

Bleibt stramm auf neurechtem Kurs: Matthias Matussek, hier 2012 als Talkgast bei Anne Will Foto: dpa | Karlheinz Schindler

E in ehemaliger Spiegel-Kulturchef hat ein neues Publikum gefunden – rechts von der Union. Am Freitag stellt Matthias Matussek seinen Roman „Armageddon“ bei der AfD in Schleswig-Holstein vor. Auch die Hamburger Landespartei bewirbt die Vorstellung im Hotel und Restaurant „Seeblick“ in Mühbrook, die ab 19 Uhr beginnen soll. „Der Eintritt ist frei. Herr Matussek verzichtet auf ein Honorar“, schreibt die schleswig-holsteinische AfD auf ihrer Website.

In dem Roman, dessen Titel auf den mythischen Ort der letzten Entscheidungsschlacht anspielt, sucht Matussek auch selbst wieder einmal ganz offensichtlich die Auseinandersetzung. Der Europaverlag umreißt den Inhalt kurz und knapp: „Ein Video, ein Scharfschützengewehr, eine Morddrohung der Antifa und ein nach links blinder Staatsschutz“.

Der Roman beginne wie ein Thriller und ende „in der finalen Schlacht zwischen den Mächten des Himmels und denen des Satans, frei nach der Apokalypse des Johannes“, verspricht der Verlag. Ein „Katholik“ und „ehemaliger Starjournalist“ wird als „rechts verfemt“ und von einem „Antifa-Helden der G20-Krawalle“ gejagt.

Das Sujet scheint nahe an der Selbstwahrnehmung des Schreibers angelegt. Matussek ist bekennender Katholik. Die christliche Nächstenliebe scheint bei ihm aber offensichtlich bei homosexuellen Menschen zu enden, denn die versteht er als einen „Fehler der Natur“. Auch nimmt er eine „Flut muslimischer Bodybuilder“ wahr.

Im Roman erzählt er, wie ein ehemaliger Starjournalist von einem „Antifa-Helden der G20-Krawalle“ gejagt wird

Die Entgrenzungen in der Argumentation und Rhetorik manifestierte sich schon in früheren Auftritten. 2018 trat Matussek bei der Kundgebung „Merkel muss weg“ auf. Am Hamburger Dammtor witzelte er über die aus seiner Sicht vermeintlichen rechtsextremen Verstrickungen der Kundgebungsakteur:innen. Rund 200 Männer und Frauen, unter ihnen NPD-Kader, freuten sich, als er über die Presse scherzte, wie sie „von Hintermännern und Hintermännern von Hintermännern, von Reichsbürgern und NPD“ berichten würden.

2019 stellte der heute 69-jährige, frühere Egon-Erwin-Kisch-Preisträger Fotos seiner Geburtstagsfeier in die sozialen Medien, die große Aufmerksamkeit erregten. Denn unter den Gästen waren Mario Müller, vorbestrafter Aktivist der „Identitären Bewegung“, Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, und Dieter Stein, Chefredakteur der neu-rechten Jungen Freiheit. Aber auch frühere Bekannte aus seinem einstigen Berufsumfeld waren gekommen.

Matussek, bereits mit früheren Büchern zum Bestseller-Autor avanciert, schreibt längst für die rechteren Magazine im deutschsprachigen Raum – von Cato über den Deutschland-Kurier bis zur Weltwoche. Ein Foto von Sommerfest der Weltwoche mit Hans-Georg Maaßen, Harald Schmidt und Matussek belegt jüngst die gefestigte Allianz. Roger Köppel, Abgeordneter der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei und zugleich Verleger des Wochenmagazins, forcierte die extrem rechte Ausrichtung des Magazins. In der Weltwoche feierte Matussek sein „Idol Schmidt“ nun, nachdem der frühere Talkmaster jede Kritik an seiner Präsenz gelassen abwehrte.

Über den Typus eines Intellektuellen, wie heute Matussek, oszillierend zwischen der Positionierung von Ressentiments und der Passion der Provokation, schrieb schon eine politische Theoretikerin. Hannah Arendt sah in den „Angehörigen der geistigen und künstlerischen Eliten“ des 20. Jahrhunderts, die sich in den „totalitären Bewegungen“ bewegte, Mitverantwortliche für den Nationalsozialismus – sie forcierten das „Bündnis zwischen Mob und Elite“. Klingt ganz so, was Matussek heute versucht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Klingt nicht so, als ob man das Buch gelesen haben müsste.

  • Ein bisschen zuviel Aufmerksamkeit, liebe taz, für diesen Möchtegern-Pseudo-Intellektuellen. Dass er mal sein Unwesen im SPIEGEL treiben durfte, hebt ihn nicht aus dem braunen Sumpf heraus.

  • Wie kommen Sie darauf, Matussek fuer einen Intellektuellen zu halten?

  • Menschen wieder.

    Nur blöd.