: Mattes Klatschen in Vegesack
SPD-Politiker wissen, was ihre Basis hören will: Vor Parteivolk im Bremer Norden lobten sie sich und ihre Ideen bei Bier, Zigaretten und Schweinefleisch und erhoben solch spektakuläre Forderungen wie „Arbeit für alle“
Jens Böhrnsen weiß, was „die Menschen“ bewegt: Nicht die Bonusmeilen der Lufthansa oder die Wirrnisse um den Genossen Scharping treiben das Wahlvolk um, sondern allein das Thema Arbeit: Weil der alerte Fraktionschef der SPD in der Bürgerschaft von dieser Erkenntnis überzeugt ist, hatte er amDonnerstag zu einer Diskussionsveranstaltung in das Hotel „Strandlust“ nach Vegesack eingeladen: Auf einem Podium diskutierte Böhrnsen mit zwei verdienten Genossen, Arbeitssenatorin Karin Röpke und dem SPD-Bundestagskandidaten Uwe Beckmeyer, über Arbeitsmarktpolitik. Mitreden ließen die Genossen auch Ortwin Baum, den Geschäftsführer der Bremer Unternehmensverbände.
Während die Zuhörer in gleichmütiger Melancholie Zigaretten, Bier und Fleischgerichte genossen, spulten die Podiumsteilnehmer brav ihre Statements ab. Jeder Wortbeitrag der Diskutanten wurde matt beklatscht, die kritischen Anmerkungen aus den Reihen „der Menschen“ im Saal hielten sich in engen Grenzen. Im Wahlkampf hält das sozialdemokratische Milieu, wenn auch unter leisem Murren, zusammen. Am Mikrofon war man sich einig: Zwar sei die Bilanz auf dem Arbeitsmarkt auch nach vier Jahren SPD-geführter Bundesregierung nicht zufriedenstellend, aber die Partei habe doch „viele wichtige Schritte“ und „Anstrengungen“ unternommen, um wieder mehr Menschen Arbeit zu verschaffen.
Senatorin Röpke ratterte stolz alle Instrumente, Modellprojekte und Formeln herunter, die gerade auch in der Bremer Arbeitsmarktpolitik en vogue sind: Jobrotation, Job-Aqtiv-Gesetz, Assessment-Center, Fördern und Fordern. Im Übrigen, so Röpke, könne Arbeitsmarktpolitik keine neuen Arbeitsplätze schaffen und eine vernünftige Wirtschaftspolitik nicht ersetzen.
„Das Kernziel ist und bleibt: Arbeit für alle“, postulierte Ex-Arbeitssenator Beckmeyer, der jetzt in den Bundestag will. Was immer die Hartz-Kommission beschließe, die soziale Balance dürfe nicht verloren gehen, verlangte Beckmeyer in schönster sozialdemokratischer Politprosa.
Leichte Unruhe kam im Saal nur auf, wenn Arbeitgeberfunktionär Baum kurz vergaß, wo er war. Dann forderte er, die Zumutbarkeitsregelungen für Arbeitslose zu verschärfen oder sprach von „den älteren Arbeitnehmern, den Frauen – und wen wir heute sonst noch alles so in den Arbeitsmarkt integrieren müssen“. Markus Jox
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