„Master Gardener“ auf DVD: Das Gegenteil eines Zynikers
Als Drebuchautor von „Taxi Driver“ wurde er bekannt. Als Regisseur setzt Paul Schrader weiter auf Männer mit einschlägigen Vergangenheiten.
Die Tattoos des Körpers des Gärtners lehren einen das Fürchten: Hakenkreuze, der Schriftzug „White Pride“ in kantiger Schrift, dieser Mann ist ohne Zweifel ein radikaler Rassist. Oder war es. Mit Narvel Roth (Joel Edgerton), dem Mann, der nun Gärtner ist, bekommt man das nicht zusammen. Ruhig und geduldig ist er.
Kundig informiert er über die Form und Geschichte englischer, französischer und anderer Gärten. Traumhaft schön sind die digitalen Bilder von Gracewood Gardens, in Louisiana gelegen, die Kameramann Alexander Dynan von Haus, Anwesen, Garten streng und doch mit großzügigem Sinn für Farb- und Ornamentkunst der Flora komponiert hat.
Fast könnte es scheinen, als habe ein Neonazi die Hintertür zurück in den Garten Eden gefunden, den er nun geduldig und kenntnisreich pflegt. Dieses Paradies hat keine Schlangen und doch seine Tücken. Die bedrohlichste sitzt gelegentlich auf der Veranda: Norma Haverhill, die Eigentümerin von Garten und Anwesen, von Sigourney Weaver als hochfahrende Südstaaten-Seniorin gespielt. Sie lädt Narvel Roth zum Essen, sagt nur halb zärtlich „Zuckererbse“ zu ihm und lädt ihn nach dem Mahl nach oben ins Bett.
Kurze Flashbacks sorgen dafür, dass man Narvels Vergangenheit nicht nur ahnt, sondern sieht. Er trug einen anderen Namen, außerdem Bart, ist tatsächlich Neonazi gewesen und hat gehasst und gemordet, bis er sich gegen seine Proud Boys gewandt und als Belastungszeuge ausgesagt hat. Zehn Jahre ist er nun im Zeugenschutzprogramm, das ihn bei Norma Haverhill in Gracewood Gardens untergebracht hat.
„We Should All Be Feminists“-Shirt für die Polizei
„Master Gardener“ (USA 2022, Regie: Paul Schrader). 111 Min.Die DVD ist ab 13 Euro erhältlich
Zehn Jahre lang war das Leben in Eden gefährdet, aber stabil. Nun aber taucht Normas Großnichte auf, Maya (Quintessa Swindell), Vollwaise, PoC, jung und schön. Und mit einer Drogengeschichte. Auch sie soll im Garten eine problematische Vergangenheit hinter sich lassen. Was in ihrem Fall nicht wirklich gelingt. Eines Tages erscheint sie verletzt, und Narvel sieht sich veranlasst, seinen Polizei-Verbindungsmann etwas gegen Mayas Dealer unternehmen zu lassen.
Das ist der Auftakt zu Dingen, die erst einmal nicht so gut laufen. Der Polizist trägt ein T-Shirt, quasi als Gegen-Tattoo, mit der Aufschrift „We Should All Be Feminists“. Das gehört zu den leise komischen Pointen des sonst fast feierlich ernsten Films, den die sphärischen Klänge des Soundtracks von Devonté Hynes noch unterstreichen.
Regisseur Paul Schrader ist bis heute vor allem als Drehbuchautor von Martin Scorseses Klassiker „Taxi Driver“ berühmt. Dabei hat er seit den Siebzigern bei vielen, mal sehr, mal weniger guten Filmen selbst Regie geführt, von denen „American Gigolo“ mit dem jungen Richard Gere der bekannteste ist.
Männer mit Dämonen
Mit seinem außerhalb Hollywoods entstandenen Spätwerk, an dem alles formale Bändigung ist, hat er noch einmal vermehrt Aufmerksamkeit gefunden, zumindest bei großen Filmfestivals und der Kritik. Die Filme „First Reformed“ (2017), „The Card Counter“ (2021) und nun „Master Gardener“ bilden eine Art Trilogie, und wer weiß, was noch kommt.
Im Zentrum stehen stets Männer wie dieser Narvel Roth. Männer, die mit Dämonen aus der Vergangenheit kämpfen, Männer wie der von Oscar Isaac gespielte William Tell („The Card Counter“), der ein Folterer in Abu Ghraib war, Männer wie der von Ethan Hawke gespielte Ernst Toller in „First Reformed“, ein Priester, der fast zum Selbstmordattentäter wird.
Und nun Narvel Roth, der Mann, der Leben zerstört hat und dem Schrader nun in einem paradiesischen Garten Erlösung gewährt. Aus deren Gefährdung zieht der Film seine Spannung. Am Ende jedoch ist es ein Glück, dass der späte Schrader das Gegenteil eines Zynikers ist.
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