Maßnahmen gegen Gentrifzierung: Fairness statt Wellness

Milieuschutz, Münchner Modell oder Mietpreisbremse: Die Politik kennt viele Instrumente, die die Verdrängung von Mietern verhindern. Sozialwohnungen werden kaum gebaut.

Mein Haus, meine Jacht: Luxuswohnen am Wasser in Frankfurt am Main Bild: dpa

BERLIN taz | Mieter mit geringen Einkommen fürchten den „Aufwertungsdruck“ in beliebten Stadtvierteln, wenn Wohnungen luxuriös modernisiert oder neu gebaut werden und sich die Mieten im ganzen Quartier verteuern. Die Bundesregierung könnte durch eine Mietpreisbremse gegensteuern.

Die SPD fordert, dass bei Wiedervermietungen der neue Mietpreis nur 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen soll. Die Union hat neuerdings eine ähnliche Idee, ist sich aber bei den Prozentzahlen noch unsicher. Bisher dürfen bei Wiedervermietungen freie Preise vereinbart werden.

Die Städte wenden auf kommunaler Ebene den örtlichen „Milieuschutz“ an, wenn Verdrängungen drohen. In Berlin-Pankow etwa erließ der zuständige Bezirksstadtrat einen Beschluss, wonach in bestimmten Kiezen der Einbau eines zweiten Bades, einer Fußbodenheizung oder eines Innenkamins sowie der Anbau übergroßer Balkone nicht mehr gestattet werden soll.

Auch in München gibt es Viertel mit „Erhaltungssatzung“. Dort liegt die Latte für Luxusmodernisierungen etwas höher: In der Schrift „25 Jahre Erhaltungssatzung“ werden exklusive Umbauten wie ein Wellnessbereich mit Schwimmbad, Video-Gegensprechanlagen und über acht Quadratmeter große Balkone genannt, für die es in Erhaltungsgebieten keine Genehmigung geben soll.

Eine weitere Möglichkeit, die Vertreibung von BewohnerInnen auf politischem Wege zu verhindern, ist ein befristetes Umwandlungsverbot. In bestimmten Vierteln in Hamburg genießt die Stadt ein Vetorecht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.

Zehn-Jahres-Moratorium für Luxussanierungen

In München gibt es in Vierteln mit Milieuschutz die Möglichkeit der Stadt, ein kommunales Vorkaufsrecht auszuüben, wenn ein Eigentümer ein Mietshaus verkaufen will. Diesen öffentlichen Ankauf kann der Eigentümer verhindern, wenn ein privater Käufer zusichert, das Haus bis zu einer Dauer von zehn Jahren weder luxuriös zu modernisieren noch in Eigentumswohnungen aufzuteilen.

Um eine soziale Mischung auch in Neubaugebieten zu erhalten, praktiziert die Münchner Stadtverwaltung das „Münchner Modell“. Danach dürfen öffentliche Grundstücke nur dann privat verkauft werden, wenn der Käufer zusichert, auf einem Drittel des Geländes geförderten Wohnungsbau zu errichten. Diese Vorgabe gilt inzwischen auch in Hamburg und anderen Städten.

Allerdings stellt sich die Frage, was als geförderter Wohnungsbau zu verstehen ist. In München gibt es geförderten Wohnungsbau für Leute mit mittleren Einkommen, bei dem die Mieten zwischen 7,50 und 10 Euro nettokalt pro Quadratmeter liegen dürfen. Auch subventionierte Eigentumswohnungen in München, die 2.800 Euro/m(2) kosten, zählen dort noch dazu. In Berlin hingegen hat die Baugruppe „Wohnen am Hochdamm“ für 2.400 Euro/m(2) im Bezirk Treptow gebaut – und musste sich heftige Vorwürfe von Gentrifizierungsgegnern gefallen lassen.

Der Neubau von Sozialwohnungen, die auch von Hartz-IV-Empfängern beziehbar sind, ist selten. Selbst in Hamburg, das als sozialer Vorreiter gilt, wurde im vorigen Jahr der Neubau von lediglich 1.200 dieser klassischen Sozialwohnungen bewilligt. 2002 bis 2010 sank die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland um ein Drittel auf 1,6 Millionen Wohnungen, weil Preis- und/oder Belegungsbindungen ausliefen.

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