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Massenrazzien bei MillionärenLauter Zumwinkels

Das Finanzministerium bestätigt, dass viele weitere "Leistungsträger" im Verdacht stehen, mithilfe von Stiftungen in Liechtenstein Steuern hinterzogen zu haben.

Nur einer von vielen: Klaus Zumwinkel. Bild: dpa

Deutschland steht vor Massenrazzien. Denn Post-Chef Klaus Zumwinkel ist nicht der einzige Steuersünder; auch zahlreiche andere Millionäre haben offenbar Stiftungen in Liechtenstein gegründet, um Steuern zu hinterziehen. Am Freitag ließ der Sprecher des Finanzministeriums wissen, dass noch "sehr, sehr viele" weitere Verfahren gegen "Leistungsträger" zu erwarten seien. Es handele sich um "Bekannte und Unbekannte - jedenfalls eher Menschen, die sich im höheren Einkommensbereich" bewegten.

Die Ermittlungen liegen bei der Staatsanwaltschaft in Bochum, die am Freitag präzisierte, dass sie über Unterlagen verfügt, die "Geldanlagen mehrerer hundert inländischer Personen" betreffen. Die Erklärung der Staatsanwälte kulminiert in dem Satz: "Den vorliegenden Erkenntnissen kommt eine sehr hohe Beweiskraft zu."

Um die Vielzahl der Fälle abzuarbeiten, wurden die Bochumer inzwischen verstärkt. Die Generalstaatsanwälte in Düsseldorf und Köln haben Staatsanwälte abgestellt, so dass sich nun insgesamt fünf Ermittler um die Verdächtigen kümmern können. Hinzu kommen noch verschiedene Steuerfahndungsstellen des Landes Nordrhein-Westfalen sowie die Kriminalpolizei Essen.

Wie die Bochumer Staatsanwaltschaft klarstellte, haben diese neuen Fälle nichts mit dem "Batliner"-Verfahren zu tun. Damit sind Informationen aus einer Liechtensteiner Kanzlei gemeint, die bereits in den letzten Jahren zu hunderten von Steuerverfahren geführt haben.

Obwohl sich die Bochumer Staatsanwaltschaft außerordentlich wortkarg gab, kursieren die Gerüchte: So sollen die entscheidenen Unterlagen vom Bundesnachrichtendienst übermittelt worden sein. Zudem soll es sich vor allem um Kunden der Liechtensteiner Bank LGT handeln, die dem regierenden Fürstenhaus gehört. Gleichzeitig meldete die Süddeutsche Zeitung, dass genau 3,4 Milliarden Euro nach Liechtenstein geschleust worden und für 700 Verfahren 900 Durchsuchungsbefehle ausgestellt worden seien.

Auch die nächsten Razzien dürften live im Fernsehen zu betrachten sein. Denn die Bochumer Staatsanwaltschaft kann sich noch immer nicht erklären, wieso die Kameras am Donnerstagmorgen pünktlich bereitstanden, um die Hausdurchsuchung bei Zumwinkel zu filmen. "Irgendwo gibt es ganz offensichtlich eine undichte Stelle", sagte Pressesprecher Bernd Bienioßek der taz. "Für uns ist das eine Katastrophe." Es sei eines Rechtsstaats unwürdig, eine Vernehmung wie "ein öffentliches Tribunal" zu inszenieren. Allerdings ist die Hoffnung nicht groß, das Leck zu finden. Im Fall Zumwinkel wurden insgesamt 13 Objekte durchsucht, entsprechend zahlreich waren die beteiligten Polizisten, Ermittler und Behördenmitarbeiter.

Das Finanzministerium hat bereits einen Tipp für jene Steuersünder, die sich eine Razzia ersparen wollen: Sie sollten sich selbst anzeigen, um einer Strafe zu entgehen. Sie liegt bei maximal 5 Jahren Haft, in sehr schweren Fällen können es auch 10 Jahre sein. Allerdings funktioniert der Trick mit der Selbstanzeige nur, solange man noch nicht weiß, dass gegen einen ermittelt wird. Für einige Steuerflüchtlinge dürfte es also schon zu spät sein.

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4 Kommentare

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  • A
    Alster

    Das ganze Spektakel, als ein Exempel konstruiert

    an Zumwinkel, dient doch zu nichts anderem, als dass sich jetzt noch einige aus der Affäre

    ziehen können, die mit Dreck beschmutzt sind.

    Ist das gewollt? Hat man in der Politik Angst vor

    Aufdeckung von Skandalen in den eigenen Reihen?

    Das vor Razzien gewarnt wird ist doch schon ein

    Widerspruch in sich. Man verfolge den Anstieg der

    Korruption seit der Affäre Kohl. Die Justiz hat

    mit diesem milden Urteil einen Präzidenzfall geschaffen der nicht ohne Folgen bleiben konnte.

    Dieses Urteil wahr bestimmt nicht Im Namen des Volkes- eher im Sinne: Man kennt sich, man hilft

    sich.

  • DD
    Dieter Drabiniok

    Der Klassenkampf wird von oben geführt. Diesen Eindruck darf man bekommen, wenn man die Äußerungen von Steinbrück, Merkel, Beck und anderen Spitzenpolitikern liest und hört: Demnach werden unsere Gesellschaftsordnung und die soziale Marktwirtschaft durch die ?Leistungseliten? bedroht. Und dies ganz ohne ein ?Kapitalistisches Manifest?. Ausreichend sind lückenhafte Steuer-, Wirtschafts- und Aktiengesetze, sowie ein gehöriges Maß an krimineller Energie, mit denen über die vorhandenen Gesetzeslücken hinaus, der Staat und damit die Allgemeinheit geschädigt werden.

    Die Appelle an die gesellschaftliche Verantwortung der Manager, klingen wie pure Verzweiflung; wir hörten sie schon, als es um ihre Millionenbezüge und Abfindungen ging. Auch der Ruf nach höheren Strafen ist ein typischer Reflex. Diese populistische Forderung ändert nichts an den psychologischen Motiven von Steuerhinterziehung: der Gier und dem Machtwillen. Mit der Androhung von ein paar Jahren mehr Knast, verhindert man auch diese kriminellen Handlungen aus niederen Beweggründen nicht. Die Strafen müssten sich gegen das gesamte Eigentum der Steuerhinterzieher richten, wenn sie eine abschreckende Wirkung erzielen sollen. Aber das die Zumwinkels und CO. auf die staatlich Grundsicherung zurückgestuft werden, bleibt wohl nur ein Traum im Schlaf der Gerechten.

    Sollte es zutreffen, dass Eintausend mehr oder minder hochgestellte ?Leistungseliten?, auch des wirtschaftlichen Mittelstandes, im Fadenkreuz der Ermittler stehen, bekäme die Justiz und die Politik ein Problem: Die Verurteilung dieser Personen käme einem Enthauptungsschlag der deutschen Wirtschaft gleich. Ob wir aus diesem Grund eine weitere, diesmal sachzwangbegründete Amnestie für Steuerhinterzieher bekommen werden, oder, ob die Räumlichkeiten der demnächst frei werdenden Frankfurter Börse für die Steuerkriminellen zum Knast umgebaut werden, bleibt abzuwarten.

  • JB
    Joachim Bessell

    Eine angekündigte Razzia ist der absolute Blödsinn. Warum wird sie nicht durchgeführt und danach die Presse informiert? Bei Schwarzarbeitern, Marihuanapflanzern und sonstigen Querulanten wird in der Regel anders verfahren. Bei sogenannten "Leistungsträgern" gibt es Berührungsängste.

    Diese Art der Verbrechensbekämpfung führt nicht dazu, das Vertrauen in die Staatsorgane zu festigen.

  • UL
    Ulrich L.

    Na wunderbar, ...

    da wird bei der Gelegenheit noch gleich in die Welt posaunt, daß noch jede Menge weitere Razzien zu erwarten sind.

    Das soll doch soviel heißen wie: "Wir kommen morgen bei euch vorbei. Seht zu, daß ihr eure belastenden Dokumente noch schnell beiseite schafft!" Oder?

    Gratulation an die Steuerfahnder.