Massenproteste in Irland: Iren erbost über Deal
Zigtausende Menschen demonstrieren gegen den Sparkurs der Regierung. Der Zeitraum zur Schuldenrückzahlung soll verlängert werden.
DUBLIN taz | Rund 100.000 Menschen protestierten am Samstag in mehreren irischen Städten gegen die Austeritätspolitik der Regierung. Es waren die ersten Großdemonstrationen seit vier Jahren. David Begg, Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbands, der zu den Demonstrationen aufgerufen hatte, sagte, die Zeit der „stoischen kleinen Elfen“ sei vorbei.
Man werde mit den 60 Millionen Mitgliedern im Europäischen Gewerkschaftsverband gegen die drastische Sparpolitik vorgehen. „Es ist nicht fair, dass die Iren 42 Prozent der europäischen Bankschulden bezahlen sollen“, so Begg. Die Gewerkschaften waren überrascht von der hohen Teilnehmerzahl.
Sie hatten befürchtet, dass viele wegen des Deals mit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Hause bleiben würden, den die Dubliner Regierung am Donnerstag als „große Erleichterung für Irland“ angepriesen hatte. Das Abkommen sieht vor, dass der Zeitraum für die Rückzahlung der Schulden für die Irish Bank Resolution Corp – ehemals Anglo Irish Bank – von 10 auf 40 Jahre ausgedehnt wird.
Das reduziere die Neuverschuldung über die nächsten zehn Jahre um 20 Milliarden Euro, behauptete Premierminister Enda Kenny. Er hofft, dass Irland noch in diesem Jahr an die Kapitalmärkte zurückkehren könne. In Wirklichkeit sei kein einziger Cent der Schulden gestrichen worden, meinte Richard Boyd-Barrett vom linken Bündnis United Left Alliance – im Gegenteil: Die Zinsen vergrößern die Schuldenlast sogar. „Sie muss nicht nur von der nächsten, sondern nun auch von der übernächsten Generation getragen werden.“
3,1 Milliarden Zinsen pro Jahr
Die Regierung hatte am Mittwochabend eine Notstandssitzung des Parlaments einberufen, um ein Gesetz zur Schließung der Anglo Irish Bank zu verabschieden. Sie war als erstes irisches Geldhaus vor fünf Jahren in die Krise geraten, doch die Bankgarantie der Regierung hatte die Schulden den Steuerzahlern aufgebürdet – 30 Milliarden Euro, für die jedes Jahr 3,1 Milliarden Zinsen fällig werden.
Gegen 3 Uhr morgens stimmten die Abgeordneten für die Schließung der Bank, ohne zu dem Zeitpunkt zu wissen, was der Deal mit der EZB beinhalten würde. Die Sondersitzung war nach Angaben der Regierung notwendig, weil jemand in der EZB der Nachrichtenagentur Bloomberg die bevorstehende Schließung gesteckt hatte. Die Bankangestellten erfuhren aus dem Fernsehen vom Verlust ihrer Arbeitsplätze.
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