piwik no script img

Massaker in ÄthiopienMehr als 100 Tote

Am Mittwoch haben mehrere Bewaffnete in Äthiopien über 100 Menschen umgebracht. Die Regierung schickt Soldaten in die Region.

Schickt Soldaten in die Region: Ministerpräsident Abiy Ahmed Foto: Mulugeta Ayene/dpa

Addis Abeba | dpa/rts | Nach einem Überfall mit mehr als hundert Toten hat der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed Soldaten in die Unruheregion in Benishangul-Gumuz entsandt. „Das Massaker an Zivilisten in der Region Benishangul-Gumuz ist sehr tragisch“, schrieb Abiy am Donnerstag auf Twitter. Um das Problem an der Wurzel zu packen, habe die Regierung Truppen in das Gebiet geschickt. Dem Fernsehsender Fana TV zufolge kam es zu Gefechten, bei denen 42 bewaffnete Männer getötet wurden. Pfeile und Bogen sowie andere Waffen seien sichergestellt worden. Wann es zu den Gefechten gekommen sei, ließ der Sender offen. Nach Angaben örtlicher Behörden hätten diese Männer an dem Überfall am Mittwoch teilgenommen.

Laut Amnesty International waren zuvor im Westen von Äthiopien mehr als 100 Menschen bei einem Massaker umgebracht worden. Am Mittwochmorgen hätten bewaffnete Menschen etliche Angehörige der Bevölkerungsgruppen der Amhara, Oromo und Shinasha in Dörfern in der Region Benishangul-Gumuz angegriffen, teilte die Menschenrechtsorganisation mit. Es seien Menschen erstochen und erschossen sowie Häuser in Brand gesteckt worden.

Amnesty sprach eigenen Angaben zufolge mit fünf Überlebenden des Angriffs per Telefon. Es gebe bislang Berichte über mindestens 100 Tote, die Zahl werde aber wahrscheinlich steigen. Die regionale Nachrichtenagentur der Amhara Region, die Amhara Mass Media Agency, berichtete, Augenzeugen hätten von mehreren Dutzenden Toten und abgebrannten Häusern erzählt.

Dieser brutale Angriff unterstreiche die „dringende Notwendigkeit, dass Äthiopiens Regierung handeln muss, um die Gewalt gegen ethnische Minderheiten zu stoppen“, sagte Netsanet Belay von Amnesty International. Seit September hat es demnach mehrere Wellen der Gewalt gegen Mitglieder der Amhara, Shinasha, Oromo und Agew in dieser Region gegeben.

Im Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern gibt es etliche Spannungen zwischen Bevölkerungsgruppen. Sie haben unter dem seit 2018 regierenden Ministerpräsident Abiy Ahmed zugenommen. Derzeit herrscht in der nördlichen Region Tigray ein Konflikt zwischen der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die dort an der Macht war, und der Zentralregierung in Addis Abeba.

Im Konflikt in dem nordafrikanischen Land spielen ethnische Gruppen eine große Rolle. Äthiopien, eine Föderation aus zehn ethnischen Regionen, wurde jahrzehntelang von Tigray dominiert, bis Abiy Ministerpräsident wurde. Er selbst gehört der Bevölkerungsmehrheit der Oromo an und hat auch familiäre Wurzeln in Amhara.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Mir ist aufgefallen, dass die Berichterstattung über Äthiopien hier in der Taz kaum bis gar nicht kommentiert wird.



    Vielleicht ist das weniger ausschlaggebend als die clicks, aber trotzdem:



    Ich bin froh, dass dennoch darüber berichtet wird!