Martin Benrath: Gesicht und Disziplin
Wer als junger Mann sein kostbarstes Eigentum versetzen musste, um sich den Schauspielunterricht leisten zu können, wer noch unter Gustaf Gründgens gespielt hat, der mochte dann doch nicht nackt und mit Farbe bespritzt über die Bühnen der Republik stolpern. Durch modernistische Inszenierungen sah er das Theater zum „Neurosenschauplatz der Regisseure“ degenerieren, im Sommer 1998 erklärte er bei den Salzburger Festspielen seinen endgültigen Abschied von der Bühne – und arbeitete nur noch für Film und Fernsehen.
Begonnen hatte die Karriere des Martin Benrath in den 50er-Jahren, als ihn Gründgens ans Düsseldorfer Schauspielhaus holte. Nach Engagements am Bayerischen Staatsschauspiel und den Münchner Kammerspielen konzentrierte er sich – neben Gastspielen – auf seine Filmkarriere. Im Fernsehen glänzte er als Konsul Buddenbrock (1979) ebenso wie im ARD-Epos „Der Laden“ (1998), im Kino gab er 1992 in der Mediensatire „Schtonk“ den Chefredakteur Esser. Seinen letzten Auftritt hatte er als lang verschollener Vater im ZDF-Dreiteiler „Zwei Asse und ein König“ (2. Teil heute, 20.15 Uhr). Seine eisige Beherrschung, die strenge Würde seines Gesichts und die geradezu altmodisch disziplinierte Ausdrucksstärke seines Spiels machten ihn zu einer Idealbesetzung für die Rollen nervöser Intellektueller oder zynischer Weltverächter.
Martin Benrath, der seine Rolleiflex verpfändete, um Schauspieler zu werden, starb am Montag in seinem Haus in Herrsching am Ammersee. Er wurde 73 Jahre alt. Arno Frank
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