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Marode A100 in BerlinVerzögertes Anknabbern

Am Freitag sollten die ersten Brocken fallen, dann wurde noch umgeplant. Trotzdem soll die Ringbahnbrücke der Berliner A100 in rasch Geschichte sein.

Noch steht der „Knabberer“ still Foto: C. Prößer

Berlin taz | Eigentlich sollte hier geknabbert werden – nicht Chips oder Kekse, sondern Stahlbeton. Aber beim Vor-Ort-Termin, zu dem die Autobahn GmbH des Bundes am Freitagmittag eingeladen hat, stehen die Kauwerkzeuge des riesigen „Knabberers“ noch still. Die Betonabbruchzange – so der korrekte Terminus – soll nun erst gegen 19 Uhr beginnen, die marode Ringbahnbrücke der A100 Biss für Biss zu zerlegen.

Sicherheit gehe eben vor auf der eilig eingerichteten Großbaustelle gegenüber dem ICC, erklärt Ralph Brodel, Sprecher für den Bereich Nordost der Autobahn GmbH, den enttäuschten PressevertreterInnen. Und nun habe man kurzfristig entschieden, das Umfeld der als erstes abzubrechenden Teilrampe noch weiter abzusichern.

Schließlich donnern schon mal tonnenschwere Brocken zu Boden, sobald der Knabberer zum Einsatz kommt. Ein Stück entfernt vom Aussichtspunkt, den die Bauherrin am Freitag eingerichtet hat, dort, wo die Brücke die Trasse der Ringbahn überspannt, wurden zum Schutz des Gleisbetts Holzbohlen und Stahlplatten auf die Schienen geschichtet und darüber riesige Haufen Sand geschüttet.

Abrissspektakel per Livestream

Aber auch abseits dieser besonders heiklen Stelle hat die Autobahn GmbH über 20.000 Tonnen Sand als „Fallbett“ unter der Brücke aufgehäuft: Damit die Arbeiten reibungslos ablaufen können, musste das Terrain angehoben und geebnet werden. All das kann schon seit über einer Woche per Livestream verfolgt werden.

Trotz der kleinen Verzögerung am Freitag stehe der bisherige Zeitplan weiterhin, erklärt Ralph Brodel. Innerhalb von zwei Wochen soll die alte Brücke in 11.000 Tonnen Schutt zerlegt und abtransportiert werden, über die Autobahn selbst und das übrige Straßennetz. Auch bei rund vier Sattelzügen pro Stunde seien „keine erheblichen Verkehrsprobleme zu erwarten“, heißt es. Am 28. April soll der S-Bahn-Verkehr zwischen Halensee und Westend wiederaufgenommen werden. So der Plan.

Damit das klappt, muss allerdings auch die von der Autobahn GmbH beauftragte DEGES ihren Teil leisten: Sie ist für den zeitgleichen Abriss der Westendbrücke zuständig, mit der weiter nördlich die Verschwenkung der Stadtautobahn über die Bahntrasse wieder endet.

Alles ist „hochdynamisch“

Die deutlich kürzere und flachere Brücke war zwar im Gegensatz zur Ringbahnbrücke nicht akut einsturzgefährdet, hat aber ihre Lebenserwartung auch längst erreicht. Ihr Ersatz ist ebenso wie der vieler anderer Bauwerke rund um das Autobahndreieck Funkturm längst in Planung.

„Hochdynamisch“ sei der Ablauf der ganzen Maßnahme, betont Sprecher Brodel mehrfach. „Wir machen hier in sechs Wochen, was normalerweise sechs Monate dauert.“ Dankenswerterweise habe man alle notwendigen Ausnahmegenehmigung in Rekordzeit erhalten. Die braucht es schon deshalb, weil 50 Arbeiter und 20 Ingenieure rund um die Uhr arbeiten werden – nachts erhellen starke Scheinwerfer die Fläche.

Eine Frage kann Brodel am Freitag nicht beantworten: Wann und vor allem wie lange der S-Bahn-Verkehr erneut unterbrochen wird, wenn die neue Brücke errichtet wird. Da alles nach aktuellem Planungsstand in zwei Jahren über die Bühne gehen soll, wird das eher früher als später ein Thema werden, das viele bewegt.

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