Marlboro-Mutter investiert Milliarden: Rauchen heißt jetzt juuling

In den USA sind die E-Zigaretten der Hit. Deshalb steigt jetzt ein Weltkonzern beim E-Zigarettenhersteller Juul ein.

Jugendlicher raucht eine E-Zigarette der Marke Juul

Einmal durchziehen: die neue E-Zigarette Foto: dpa

BERLIN taz | Juuls E-Zigarettenimperium ist mittlerweile so groß, dass US-amerikanische Nutzer gar nicht mehr von „vaping“, dem eigentlichen Wort für das Inhalieren bei E-Zigaretten reden, sondern vom „juuling“. Der Hype ist dermaßen groß, dass amerikanische Schulen Alarmsysteme in ihren Toiletten installiert haben, die chemische Änderungen in der Luft bemerken – und die Schulleiter informieren.

Jetzt steigt ein Weltkonzern bei der 800-Mitarbeiter-Firma in San Francisco ein: Der Marlboro-Hersteller Altria investiert 12,8 Milliarden Dollar in Juul. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Altria einen Anteil von 35 Prozent an der Firma erwirbt – und damit am boomenden Marktsegment E-Zigaretten. Das Hauptgeschäft Altrias war zuletzt geschrumpft, weil weltweit weniger klassische Zigaretten gequalmt werden. Mit einer Bewertung von 38 Milliarden Dollar übertrifft Juul damit jetzt selbst Silicon-Valley-Firmen wie Airbnb oder SpaceX.

Die elegant designten Geräte von Juul erinnern eher an längliche USB-Sticks als an herkömmliche Zigaretten. Für die Nutzung sind sogenannte Pods im Angebot, als Geschmacksrichtungen gibt es Mango, Gurke, Frucht, Créme und Pfefferminz.

In den USA enthalten die zusteckbaren Pods jeweils 5 Prozent Nikotin, etwa so viel wie eine ganze Zigarettenpackung. Der Konzern hat ein eigenes Nikotin-Salz entwickelt, das ein ähnliches Rauchgefühl im Hals erzeugen soll wie das traditionelle Rauchen.

Jetzt auch in Deutschland erhältlich

Seit Mittwoch ist die E-Zigarette auch im deutschen Handel erhältlich, laut der deutschen Juul-Filiale in Hamburg gibt es die E-Kippen in etwa 1.000 Tabakgeschäften und sogenannten Vape Stores zu kaufen. Sie kommen in Deutschland in fünf Geschmacksrichtungen und einem Nikotingehalt von 20 Milligramm je Milliliter Flüssigkeit in den Handel, was dem zulässigen europäischen Höchstwert von 1,7 Prozent entspricht.

Der Markt für E-Zigaretten wird in Deutschland bei steigender Tendenz auf 300 bis 400 Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Hierzulande erwirtschaftete die deutsche Tabakindustrie insgesamt im vergangenen Jahr 21,4 Milliarden Euro.

Der Juul-Umsatz ist im vergangenen Jahr um das Achtfache gestiegen, der Konzern verkauft inzwischen 7 von 10 E-Zigaretten in den USA. Das sind laut dem Marktforscher Nielsen 16,2 Millionen E-Zigaretten. Vor allem Kinder und Jugendliche springen auf die blumigen Geschmacksrichtungen, das nüchterne Design und die bunten Verdampferetuis an. Mittlerweile ist deshalb die amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA Juul auf den Fersen – und wirft dem Unternehmen vor, Marketingstrategien für Minderjährige zu entwickeln und mit den Aromen die hohe Nikotinkonzentration verschleiern.

Das Unternehmen beteuert immer wieder, seine Produkte seien hauptsächlich für ehemalige Raucher entwickelt worden, um ihnen eine Alternative zu normalen Zigaretten zu bieten. Erst nach massiver Kritik erklärte es jedoch, die Nutzung von E-Zigaretten unter Jugendlichen verringern zu wollen.

Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation CATCH, die sich mit Kindergesundheit beschäftigt, bezeichnete Juuls E-Zigaretten als „eine Epidemie unter Kindern“. So würden bereits Grundschulen Aufklärungsprogramme zu E-Zigaretten anfragen, weil selbst 8-jährige Kinder mit den Geräten erwischt werden.

„Der Fall Juul zeigt, dass man den E-Zigarettenmarkt nicht sich selbst überlassen kann“, mahnte Marlene Mortler (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, erst im November. Sie will jetzt die aktuelle Obergrenze beim Nikotin prüfen.

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