: „Man setzt auf mehrere Pferde“
■ Interview mit Oliver Seibert, Geschäftsführer des größten Konkurrenten der Ufa, der Internationalen Sportrechte-Vermarktungsgesellschaft (ISPR)
taz: Wie würden Sie einen Vereinsvertreter davon überzeugen, sich von Ihnen vermarkten zu lassen, statt das selbst zu machen?
Oliver Seibert: Für uns gilt das Prinzip, daß jeder Verein seine wirtschaftliche und sportliche Souveränität behält. Wir machen keine Komplettvermarktung, das unterscheidet uns von der Ufa. Warum die Vereine zu uns kommen? Zum einen haben sie gerne Planungssicherheit, zum anderen fehlt ihnen oft das Know-how, gerade was die internationale Verwertung von Übertragungsrechten angeht.
Verstehen Sie die Befürchtungen des DFB?
Die verstehe ich grundsätzlich voll und ganz, denn der Fußball darf auch nicht mal ansatzweise den Verdacht aufkommen lassen, daß eine Einflußnahme durch einen Vermarkter möglich ist.
Das DFB-Papier soll rechtlich nicht haltbar sein.
Aus juristischer Sicht mag das so sein, aber ich sehe das eher aus der Sicht des Produktes Fußball.
Wäre es nicht zumindest denkbar, daß ein Rechteverwerter wie Sie oder die Ufa versucht, Einfluß auf sportliche Belange zu nehmen?
Wir würden das niemals versuchen.
Es geht um Millionen.
Das wäre das Ende der Glaubwürdigkeit des Fußballs und damit auch des Produktes. Ich schließe das kategorisch für uns aus.
Aber theoretisch sehen Sie einen Interessenkonflikt?
Es gibt keinen Interessenkonflikt. Deshalb haben wir Verträge mit verschiedenen Klubs, auch ausländischen, um das Risiko zu verteilen. Man setzt auf mehrere Pferde, und mal kommt der eine ins Ziel, mal der andere.
Sollte die EU die zentrale Vermarktung der Bundesliga durch den DFB kippen, würden Sie den Vereinen empfehlen, ihre BL- Rechte einzeln zu verkaufen?
Nein, nur bei einer zentralen Vermarktung können die Vereine noch kontrollieren, wie das Produkt dargestellt wird, wieviel Bundesliga im Pay-TV beziehungsweise im Free-TV läuft. Außerdem könnte die Schere zwischen den reichen und den armen Klubs zu weit auseinandergehen.
Wäre es denkbar, daß ein Rechteverwerter oder ein TV-Konzern irgendwann einmal eine eigene Liga gründet, wie das Murdoch bereits in Australien beim Australian Rules Football gemacht hat?
Bei uns würde so eine künstliche Liga keinen Erfolg haben, weil sich der Sport hierzulande auf die Tradition gründet, und die liegt nun mal in Vereinsstrukturen. In angloamerikanischen Ländern ist das anders, wo Ligen nach dem Franchise-Prinzip funktionieren und von vornherein wie Unternehmen betrachtet werden.
Die Ufa hat gerade die Mehrheit an Girondins Bordeaux erworben. Plant ISPR ähnliche Vereins-Übernahmen?
Das ist nicht unsere Strategie. Wir sehen uns als Agentur, nicht als Betreiber von Vereinen. Die Ufa sitzt in Aufsichtsgremien, aber wir haben das nie angestrebt und streben das auch nicht an.
Die Ufa zahlt den Vereinen Millionenbeträge im voraus, gibt ihnen quasi Kredite in der Hoffnung auf erwartete Einnahmen. Würden Sie auch solche Verträge abschließen?
Nein. Aber das unternehmerische Risiko muß jeder Vermarkter für sich selbst entscheiden.
Halten Sie das, was die Ufa macht, noch für seriös?
Das ist ein anderer Ansatz des Geschäftemachens. Interview: Thomas Winkler
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