Malis Armeekapitän Amadou Sanogo: Putschist aus Versehen
Erst seit zwei Wochen an der Macht, gelten gegen Amadou Sanogo schon jetzt internationale Sanktionen. Einen Staatsstreich zu begehen, war nie sein Plan.
Selten hat die Welt einen Putschisten so schnell und so rabiat in die Mangel genommen wie Amadou Sanogo. Der junge Armeekapitän regiert Mali erst seit dem 22. März, aber schon gelten gegen den Präsidenten des Nationalkomitees zur Aufrechterhaltung der Demokratie und zur Wiederherstellung des Staates (CNRDRE) internationale Sanktionen und keiner will mit ihm reden, obwohl er längst zugesagt hat, die Macht wieder abzugeben.
Das dachten sich Malis Soldaten wohl nicht, als sie am 21. März eine Meuterei gegen die Regierung anzettelten, an deren Schluss ein Militärputsch stand. Sanogo und die anderen protestierten mit ihrer Meuterei dagegen, dass sie ohne vernünftige Ausrüstung gegen viel stärkere Rebellen im Norden des Landes an die Front geschickt wurden.
Präsident Amadou Toumani Touré weigerte sich, seine Garde auf die Meuterer schießen zu lassen; er ergriff die Flucht, die Meuterer ergriffen die Macht, und nun sind die Rebellen im Norden noch viel stärker als vorher, die Armee kämpft überhaupt nicht mehr und mit jedem Tag wächst in Mali die Sorge um die Zukunft.
Amadou Aya Sanogo, vierter Sohn eines Krankenpflegers aus der Stadt Ségou, wird in Berichten aus Mali als gebildet, zurückhaltend und klug beschrieben. Im Jahr 2004 kam er zur Militärausbildung in die USA, unter anderem an die Akademie Quantico, wo die US-Marines gedrillt werden. Er absolvierte mehrere Kurse bis 2010; Malis Armee arbeitet eng mit den USA gegen bewaffnete Islamisten zusammen.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat war Sanogo ein regelmäßiger Teilnehmer an regionalen Treffen zur Terrorbekämpfung in der Sahelregion. Er lehrte auch Englisch an Malis Militärschule Koulikoro. Aber im Oktober 2011 wurde er entlassen, als fünf Offiziersschüler während einer körperlichen Disziplinierung zu Tode gefoltert wurden – nicht von ihm selbst, aber die gesamte Lehrerschaft musste damals gehen.
Mehrere seiner Kameraden, deren Karriere durch diese Affäre einen Knick bekam, sollen jetzt zu seiner Entourage gehören. Sanogo ist einer der wenigen Putschisten der Welt, denen man Glauben schenken darf, wenn er sagt, er habe sich vorher nie träumen lassen, einen Staatsstreich zu begehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links