Maledivische Opposition ist für Tourismus: „Nicht nur am Strand liegen“
Der ehemalige Außenminister der Malediven fordert von Touristen Unterstützung bei der Rückkehr des Inselstaates zur Demokratie.
„Die Situation verschlechtert sich rapide“, sagte der ehemalige Außenminister Ahmed Naseem am Montag in Berlin. Er verweist auf die Verhaftung von Oppositionellen, Beschränkung des Rechtsstaats und der Medienfreiheit sowie die Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus. Zum Boykott ruft Naseem aber nicht auf.
Der Tourismus als dominanter Wirtschaftszweig sei für die Bevölkerung zu wichtig. Auch Naseem setzt auf den Tourismus: „Wir wollen, dass noch mehr Besucher kommen, aber dass sie nicht nur am Strand liegen, sondern hinter die schöne Fassade schauen und sehen, wie unsere Demokratie zerstört wurde.“
Naseem gehört wie der 2012 von Sicherheitskräften gestürzte Präsident Mohamed Nasheed der Demokratischen Partei (MDP) an. Wie der einstige Menschenrechtsaktivist Nasheed saß auch Naseem während der 30-jährigen Herrschaft des früheren Präsidenten Maumoon Abdul Gayoom mehrere Jahre im Gefängnis. Der ehemalige Präsident wurde unter der heutigen Herrschaft von Gayooms Halbbruder zu 13 Jahren Haft verurteilt und wird gerade in London medizinisch behandelt. Sein ehemaliger Außenminister lebt inzwischen im Exil in Sri Lanka.
Partnerland der ITB
Naseem appelliert an deutsche Touristen: „Helfen Sie uns, zur Demokratie zurückzufinden.“ 100.000 Deutsche, die zweitgrößte ausländische Gruppe, reisen jedes Jahr in den Archipel. „Je mehr Touristen kommen, desto mehr werden sie über unsere Situation sprechen, was uns helfen wird.“
Naseem gefällt deshalb, dass die Malediven Partnerland der ITB sind. „Das beinhaltet eine Verantwortung, die Demokratie zu fördern“, sagt er. „Deutsche Touristen sollten das auch von ihrer Regierung einfordern.“
Das Land mit 350.000 Einwohnern schafft es außer im Reiseteil nur selten in die internationalen Medien. Der Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour, der als außenpolitischer Sprecher der grünen Fraktion Naseem einlud, sagt: „Ich hätte die Malediven ja nicht zum Partnerland der ITB gemacht. Aber inzwischen muss ich mich korrigieren: Das bringt jetzt Aufmerksamkeit für die Situation im Land. Und der Zusammenbruch des Tourismus dort wäre wirklich eine große Katastrophe.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen