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Mäzen beschenkt Potsdam erneutPlattenbau wird Plattner-Bau

So schnell kanns gehen: Der Software-Milliardär Plattner schenkt Potsdam eine Kunsthalle und finanziert auch den Betrieb. Dafür wird ein Hotel plattgemacht.

Direkt neben den künftigen Landtag kommt die Kunsthalle: Dafür muss das Hotel-Hochhaus (l.) weichen. Bild: dpa

Was in Berlin am Humboldthafen seit Jahren mangels Investoren scheitert, dürfte in Potsdam bald Realität werden: Der Software-Milliardär Hasso Plattner will der brandenburgischen Landeshauptstadt eine Kunsthalle stiften. Dafür soll das Hotel Mercure, ein zentral gelegener 17-geschossiger DDR-Plattenbau, abgerissen werden.

Mehrere ausgewählte Standorte für die geplanten Halle hat die Stadt in einer nun veröffentlichten Untersuchung verglichen und das Areal am Lustgarten gegenüber dem im Bau befindlichen Landtagsschloss als dafür am geeignetesten empfohlen. Wenn sich Plattner mit dem bisherigen Eigentümer, einer US-Fondsgesellschaft, über den Grundstückskauf einige, werde die Stadt schnellstmöglich Baurecht schaffen, kündigte Potsdams Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) an. Bereits im Herbst könnte ein Architektenwettbewerb für die neue Kunsthalle beginnen.

Ein Ort für DDR-Kunst

Die Stadt besitzt bisher kein Kunstmuseum. Plattner will die auf rund 40 Millionen Euro geschätzten Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Halle komplett übernehmen. In dem neuen Ausstellungsort soll DDR-Kunst gezeigt werden, später soll Plattners Privatsammlung hinzukommen.

Bereits im April hatte der Stadtmäzen die Idee einer Kunsthalle unterbreitet und damit Potsdam in Jubeltaumel versetzt. Als „Auszeichnung von internationaler Bedeutung“ hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) Plattners Ansinnen gerühmt. In der sonst oft von endlosen Debatten geprägten Stadtpolitik mit allein vier verschiedenen Parteien in der amtierenden Rathauskooperation (SPD, CDU/Die Andere, Grüne und FDP) herrschte ungewohnter Konsens. Das hatte Plattner auch als eine Voraussetzung für die Schenkung genannt: Er wolle keinen Streit darum sehen.

Alle sind heilfroh

Plattners favorisierter Ort für eine Halle war das Areal am Lustgarten, wo nun wohl gebaut werden wird. Kritik an dem Projekt gibt es in der Stadt nicht. „Wir sind heilfroh“, sagt selbst Alexander Frehse von der Linken, „wenn ein Mäzen kommt und ein Angebot macht, das weit über Potsdam hinausstrahlt.“

Die Rathauskooperation hatte sich erst im März auf den Abriss des Hotels geeinigt. Der Vorschlag Plattners kommt da mehr als gelegen: Ende des Jahres läuft der Pachtvertrag mit dem Hotel-Betreiber, der Arcor-Gruppe, aus. Die Stadt könnte den Kaufpreis von rund 14 Millionen Euro jedoch nicht stemmen. Dass der Eigentümer Blackstone an Plattner verkaufen werde, sei so gut wie sicher, sagte Baudezernent Klipp.

Der Weg für Potsdams neue Mitte wäre damit weiter geebnet. Das historische Zentrum der Stadt war während des Zweiten Weltkriegs und zu DDR-Zeiten stark zerstört worden. Derzeit baut die Stadt das ehemalige Schloss als Landtag im historischen Stil wieder auf. Als Abgrenzung dazu will Plattner anstelle des Hochhauses einen modernen zweigeschossigen Bau errichten. Als Vorbild nannte er das Frieder-Burda-Museum in Baden-Baden.

Mit seiner Schenkung setzt sich der gebürtige Berliner Hasso Plattner ein neues Denkmal in seiner Wahlheimat: Mit rund 200 Millionen Euro hatte der Gründer und Aufsichtsratschef des Softwarekonzerns SAP im Jahr 1998 das nach ihm benannte Institut für Softwaretechnik (HPI) finanziert.

Weitere 20 Millionen spendete Plattner für eine historische Fassade des Landtagsschlosses, später legte er noch fast zwei Millionen Euro dazu: für ein originalgetreues Kupferdach statt eines billigen Zinkdachs. Und nicht zuletzt fließen Gelder seines Konzerns als Spenden an den Fußballverein und Drittligisten SV Babelsberg 03.

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7 Kommentare

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  • DA
    Die Andere

    Die Andere hat natürlich nichts mit der CDU zu tun, sorry taz, fgalsch recherchiert. Das CDU-Anhängsel heißt ANW, Die Andere ist eine linksalternative WählerInnengemeinschaft und schärfste Opponentin der Rathaus-Fraktion. Nächstes mal besser recherchieren!

    www.fraktion-die-andere.de

  • H
    Hans

    @Claus

     

    zu den Stundierenden/Wohnungssuchenden:

    Ja aber wo sollen die denn hin? Vorschläge?

    In der Potsdamer Innenstadt können sich prelär Verdienende und Studenten nichts mehr leisten und die Mieten in der Waldstadt II und im Schlaatz (geschweige, dass man da hin möchte) ziehen auch an. Zwei Drittel der Potsdamer Studierenden wohnt schon außerhalb der Stadt.

     

    zur Architektur und Stadtplanung:

    Ich freue mich über erhaltene Altstädte und Neubauten mit historischem Charm, aber dabei darf man die Menschen nicht aus dem Blickfeld verlieren.

    Gut erhaltene Bausubstanz abzureißen, nur weil sie nicht ins preussische Stadtbild passt halte ich für eine Geldverschwendung.

    Zudem, welche Menschen wollen "ihre" Innenstadt wieder? Alle die sich an die damalige Innenstadt erinnern könnten sind tot. Die Alteingesessenen Potsdamer erinnern sich eher an die Nachkriegszeit.

     

    zu den unbenannten Opfern der Energiewende:

    Die einzigen mir bekannten Opfer der Energiewende sind Vattenfall, Eon und RWE. In den Medien erfahre ich sonst nur von Vögeln und Fledermäusen, sowie dem Verlust von Kapazitäten wegen schlechten Leitungen. Konkretisieren, bitte.

  • C
    Claus

    @Hans

     

    Wenn Sie tatsächlich Gefallen an traditioneller Baukultur haben und sogar den Wert von Sichtachsen erkennen, dann sollten Sie für die "armen Studenten" eine bessere Lösung suchen als einen Plattenhochbau genau vor dem rekonstruierten Stadtschloß/Landtag.

    Es geht hier auch nicht wieder um DDR-Befindlichkeiten, denn auch in Westdeutschland gibt es noch genügend Bausünden und Betonklötze, die auf ihre Beseitigung warten. Die Menschen wollen ihre verlorenen Innenstädte zurück, was man derzeit auch in Frankfurt am Main beoachten kann. Dort wird statt des Technisches Rathauses aus den Siebziger Jahren nun ein Viertel mit Fachwerkhäusern wiedererstehen.

    Ich schrieb ja schon, daß ich auch keine bundesdeutschen Experimente der Nachkriegstristesse mehr möchte.

    Eisenhüttenstadt kann man gut oder schlecht finden, doch hat dieses Experiment wenigstens keinen wesentlich besseren Vorkriegszustand ersetzt, sondern steht für sich.

    Und über die Opfer der Energiewende können Sie sich aktuell in den Tagesmedien informieren. Vielleicht schreibt auch die taz dazu mal einen Artikel, ist sie doch sonst so "kritisch" gegenüber unserem Staatswesen.

  • H
    Hans

    @Claus:

    Sorry, aber das ist doch Unsinn.

     

    Wo sitzen denn in Deutschland Hunderttausende ohne Strom? Wie bitte verschuldet das die Energiewende? Und warum steht die Energiewende in einem Kausalzusammenhang mit dem Fehlenden Wohnraum für Studenten?

     

    Ich gebe Ihnen Recht, dass die Preußen Ahnung von Städtebau hatten und ich liebe die noch bestehenden Potsdamer Sichtachsen und es ist bedauerlich, dass zu Zeiten der DDR diese verbaut wurden. In Potsdam werden aber auch weiterhin neuerliche Bausünden begangen, die den Weltkulturerbestatus bedrohen.

    Jedoch gab es auch in der DDR städtebauliche Meisterleistungen (z.B. Eisenhüttenstadt), die zwar nicht Ihren Geschmack treffen mögen, doch über Geschmack lässt sich bekanntermaßen streiten.

     

    Und gehört die DDR nicht auch zur gemeinsamen Geschichte. Oder sollten wir nur die Geschichte des vorkriegszeitlichen Deutschlands gelten lassen.

     

    Sie entlarven Ihren politischen Hintergrund mit dem Wort ´"Gutmenschen". Was sind die anderen Menschen dann, also auch Sie, wenn Sie sich nicht zu den Gutmenschen zählen wollen? "Schlechtmenschen"?

  • G
    gino

    Hasso Plattner, Mäzen der Vertreibung...

  • C
    Claus

    Die Preußen hatten wenigstens Ahnung von Städtebau und einer repräsentativen Innenstadt, auf die die Leute stolz waren.

    Also lieber eine Rekonstruktion des alten preußischen Stadtbildes als neue Experimente bundesdeutscher oder DDR-deutscher Nachkriegstristesse. In einem vereinten Deutschland ist der gemeinsame Nenner sowieso die jahrhundertealte gemeinsame Kultur.

    Wer sich Gedanken über "arme Studenten" macht, der sollte lieber mal die aktuelle Energiewende hinterfragen. Da sitzen dank der Grünen und der nach Mehrheiten schielenden Frau Merkel schon Hunderttausende ohne Strom zuhause, weil sie sich das neueste Experiment der Gutmenschen nicht leisten können.

  • H
    Hans

    Kranker Scheiß. Da fragt man sich ob das nun ein PR_Artikel ist, oder einfach nicht richtig recherchiert wurde. Am Samstag gab es eine Demo (600-2000 Teilnehmer, also für Potsdamer Verhältnisse groß) eines breiten Aktionsbündnisses zum Thema "Mietenstopp", welches sich für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum stark macht. Unter den Demonstrierenden waren u. a. auch der Linkenpolitiker Scharfenberg. Von den Demonstranten wurde gefordert, dass das Gebäude viel eher als Studentenwohnheim ausgebaut werden sollte, statt es abzureißen um eine Kunsthalle zu schaffen, wie es sich Plattner und das Bündnis Mitteschön wünschen, um ihre Preußische Stadtmitte wiederherzustellen und sie dabei zu ent-DDR-zifizieren.

     

    Es freuen sich also nicht alle in Potsdam!

     

    Was ich im Artikel auch an Kritik vermisse ist, dass die wohlhabeneren Potsdamer (Platter, Mitteschön, Jauch und Konsorten) sich die Stadt nach Ihrem Willen von der Politik kaufen und sich nach und nach ihr Preußen-Disneyland schaffen und dabei nennenswerte Architektur der DDR verdrängt (also abgerissen) wird, wie z.B. auch der Staudenhof.