Märchenhafte Meisterbayern: Der Perfekte und der Sünder

Es war einmal ein FC Bayern, der immer besser wurde und Angst und großen Schrecken verbreitete. Zu verdanken hatte er dies auch einem Magier.

Sogar Herthinho der Haarige gratulierte Pep dem Perfekten Bild: dpa

BERLIN taz | Es war einmal eine Mannschaft, von der sollte man noch Jahrzehnte später berichten. Diese Mannschaft trug rote Polyesterhemden, sie hatte einen Anführer auf dem Platz, der war klein wie Napoleon und flink wie ein Wiesel; man nannte ihn Philipp den Wendigen.

Und sie hatte einen Feldherrn, der war stets adrett gekleidet, er trug gerne einen roten Pullover mit V-Ausschnitt und ein Hemd mit Krawatte darunter. Der Mann, spanischer Konvenienz, hatte eine Glatze und einen Neuntagebart. Nur manchmal wurde der Übungsleiter, der auf den Namen Josep Guardiola hörte und den man auch Pep den Netten nannte, wütend. Das war meist dann, wenn seine Mannen den Ball an die gegnerische Truppe verloren hatten. Das kam aber kaum vor.

Anno 2014 begab es sich, dass der FC Bayern München, kaum dass die ersten Blüten gesprossen waren, schon den Deutschen Meistertitel geholt hatte. Am Abend des 25. März 2014 ließ das Team im Berliner Olympiastadion die örtlichen Spreekicker die meiste Zeit wie eine Schülermannschaft aussehen.

Sie begnügten sich dennoch mit einem 3:1 – und mit diesem Sieg holten sie den Titel so früh wie nie ein Team zuvor. Und Pep der Nette, den manche auch Pep den Perfekten nannten, kündigte gar an: „Wir können uns noch verbessern. Natürlich, wir hatten heute ein ganz gutes Niveau, aber wir können bei jedem Training, bei jedem Spiel besser werden.“

Fröhlicher Ringelpiez

Seine Jungs trugen so bereits nach 27 von 34 Partien die silberne Salatschüssel in die bayerische Heimat. Das heißt: Erst einmal nur das Pappplagiat. Auf das echte Silber mussten die bajuwarischen Helden noch bis zum letzten Spieltag warten. Sie feierten hingegen jetzt schon mit den Fans; ob Thomas der Flexible, ob Mario der Dribbler, ob Basti der Zähe, sie alle frönten dem fröhlichen Ringelpiez.

Als die Gefeierten vor den bierseligen roten Fanmassen ein Tänzchen vorführten, da prangte eine „24“ auf ihren Hemden – so oft hatten sie den Titel nun bereits gewonnen. Das bedeutete natürlich Rekord. Rekorde purzelten in jener Ära ohnehin am Stück: 52 Spiele lang waren die Bayern ohne Niederlage, 19 Bundesliga-Siege in Folge feierte man.

Die Anhänger fieberten bereits den nächsten Rekorden entgegen: Eine Bundesliga-Saison ganz ohne Niederlage, die wenigsten Gegentore in einer Saison (bisher: 18, Bayern 2013/aktuell: 13 Gegentore), die meisten Punkte in einer Saison (bisher: 91 Punkte, Bayern 2013/aktuell noch 98 Punkte möglich), selbst die 100-Tore-Marke war sieben Spieltage vor Schluss noch in Sicht (bisher 79 Tore).

„Wir wollen auch die restlichen Spiele alle gewinnen, das ist erst einmal die Botschaft“, ließ Matthias Sammer, Direktor in Angelegenheiten des Sports, wissen – man nannte ihn auch Matthias den Mahner. Es waren furchterregende Ankündigungen in einer Zeit, in der es an Furcht vor den Überbayern ohnehin nicht mangelte.

Dass ein Team, das bereits im Vorjahr das Triple feiern konnte, noch mehr Dominanz entwickelt hatte, nötigte sämtlichen Fußballoberen im Lande Respekt ab. „Die Bayern haben eine Mentalität, sie wollen den unbedingten Erfolg, sie haben eine klare Spielidee, die sie von der ersten bis zur letzten Minute konsequent durchziehen“, lobte Bundestrainer Joachim Löw. „Beeindruckend. Davor muss man den Hut ziehen, mit welcher Konstanz sie die Leistung auf den Platz bringen und welche Gier sie haben“, ließ der Coach des seinerzeit schärfsten Rivalen aus Dortmund, Jürgen Klopp, wissen.

Wobei von wirklicher Konkurrenz auf nationaler Ebene nur noch selten die Rede war. Denn Peps Team bestand aus elf tadellosen Ballkünstlern, die so lange Dreiecke auf dem Platz bildeten, bis es die nächste Anspielstation gab. Nicht selten wurden am Ende – wie auch an jenem Abend in Berlin – mehr als 80 Prozent Ballbesitz bei den Bayern verbucht.

Nur etwas trübte die Stimmung: Der Wegbereiter des Erfolges, den man zunächst Uli den Zauberer, später dann Uli den Zocker nannte, konnte den Titel nicht mitfeiern. Es war bekannt geworden, dass der Expräsident seinen Zehnten nicht entrichtet hatte. Während Uli einer Strafe von dreieinhalb Jahren Kerker entgegensah, dachte Pep der Perfekte auch in den Stunden des Triumphs an den Sünder: „Diese Meisterschaft ist für Uli Hoeneß, für die wichtigste Person in diesem Verein.“

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