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Madsack zentralisiert LokalzeitungenEin Baum, der viel Schatten wirft

Die Mediengruppe Madsack legt immer mehr Redaktionen zusammen, auch im Lokalen. Das ist alarmierend, weil es den Rechten in die Hände spielt.

Benötigt sorgfältige Pflege: Zeitungsjournalismus Foto: Elektrons 08/plainpicture

Die Madsack-Gruppe wolle den Journalismus in Sachsen stärken, hieß es letzte Woche noch als Begründung, warum die Sächsische Zeitung (SZ) und die Leipziger Volkszeitung (LVZ) in Zukunft gemeinsam in einer digitalen Redaktion arbeiten sollen.

Sie verglichen dafür Journalismus mit einem Baum, den man als Unternehmen stärken würde. Ein Baum, der wohl allerdings vorher ein paar Blätter abwerfen muss: Der Abbau von etwa 30 Stellen wurde bei der Fusion angekündigt.

Vielleicht wird auch eher am Stamm gesägt, wie eine andere aktuelle Nachricht aus der Mediengruppe vermuten lässt. Unternehmenschef Thomas Düffert hatte wohl bereits im Mai den Betriebsräten der Madsack-Mediengruppe angekündigt, er wolle in Zukunft alle Nachrichten aus dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND) künftig aus Hannover produzieren. Das Branchenmagazin Meedia hatte diese Zentralisierungsvisionen am Dienstag öffentlich gemacht.

Diese Meldung ist so besorgniserregend, weil sie zu weiteren Arbeitsplatzverlusten in den regionalen Redaktionen führen könnte. Unter der Baumkrone von Madsack versammelt sich mittlerweile 20 Lokalzeitungen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt und der überregionale RND. Alle könnten von der Zentralisierung betroffen sein.

Erschreckend ist auch, mit welcher Geschwindigkeit das Unternehmen nun die Zeitungslandschaft umbauen will. Erst im Januar etwa kaufte Madsack die SZ auf, Mitte Juni wurde die Zusammenlegung von SZ und LVZ bekannt, eine Woche später schreibt die Unternehmenskommunikation von Madsack auf taz-Anfrage: „Wir wandeln uns aktuell und in den nächsten Jahren zu einem digitalen Medienunternehmen.“

Gerade in Sachsen soll es weniger Lokalausgaben geben

Verständlich, dass die Betriebsräte der Mad­sack-Mediengruppe entsetzt auf diese Ankündigung reagieren. In einem Schreiben vom 29. Mai des Betriebsrats der Ostsee-Zeitung, das der taz vorliegt, steht dazu: „Bei den Titeln in Niedersachsen, etwa Hannoversche Allgemeine Zeitung, Göttinger Tageblatt oder Wolfsburger Allgemeine Zeitung, soll die Umstellung innerhalb weniger Wochen erfolgen. Potsdam und Leipzig sollen im Spätsommer folgen.“

Die Löcher, die durch diese Umstrukturierungen im Lokalen entstehen, werden nicht lange leer bleiben. Denn in den Startlöchern stehen bereits extremistische Stimmen.

Das wurde offenbar überraschend und ohne angemessene Konsultation der Ar­beit­neh­me­r*in­nen­ver­tre­tun­gen bekannt gegeben, was den Betriebsrat veranlasst hat, rechtliche Schritte zu prüfen. Diese Eile lässt wenig Raum für eine sorgfältige Planung und Konsultation der betroffenen Mitarbeitenden und könnte zu chaotischen Zuständen und einer erheblichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen.

Aber nicht nur wegen des potenziellen Arbeitsplatzverlustes für viele Mitarbeitende sind solche Zentralisierungsideen gefährlich. Sie gefährdet auch die journalistische Vielfalt und Qualität. Besonders in einer Zeit, in der Journalismus mehr denn je als Kontrollinstanz und für eine demokratische Meinungsbildung benötigt wird.

In Sachsen erhielt die AfD bei der Europawahl mehr als 30 Prozent aller Stimmen. Gerade hier sollen die Lokalausgaben unter Madsack-Hand zukünftig von 17 auf 11 schrumpfen. Wie soll ein Journalist, der Hannover am Schreibtisch sitzt, über die gefährlichen Tendenzen aus Kleinstädten vor Ort berichten? Wie sollen demokratische Stimmen noch Präsenz zeigen, wenn den Kol­le­g*in­nen gekündigt wird?

Es wirkt, als hätte Madsack nicht nur vor den aufkommenden Herausforderungen zur Berichterstattung über rechte Strukturen kapituliert, sondern als würden sie durch die Überbetonung des wirtschaftlichen Interesses des Konzerns den Rechten in die Hände spielen. Die Räume, die durch diese Umstrukturierungen im Lokalen entstehen, werden nicht lange leer bleiben. Denn in den Startlöchern stehen bereits extremistische Stimmen.

Es bleibt noch auf den Widerstand auf den Redaktionen und einen starken Zusammenschluss der Betriebsräte zu hoffen. „Journalismus bleibt unser Kern“, schrieb Madsack in einer Stellungnahme an die taz. Zeit also, für das Unternehmen den Kern zu stärken, ihn zu gießen und dort sprießen zu lassen, wo er wächst: in den Lokalredaktionen.

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3 Kommentare

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  • Wenn die Leserschaft keine Lokalzeitungen mehr kaufen will, werden halt die Lokalredaktionen geschlossen. Wenn die Betriebsräte eine bessere Lösung haben, sollen sie die Zeitung übernehmen oder eine neue Lokalzeitung gründen.

  • Es ist zu hoffen, das die Öffis noch lange erhalten bleiben.

    Die Verschmelzung von Redaktionen führt ganz sicher zu einem schmelzen von redakteurischer Vielfalt. Die Gleichschaltung von Meinung geht damit unweigerlich einher. Das ist kein gutes Zeichen für eine demokratisch liberale Zukunft.

  • "Es wirkt, als hätte Madsack nicht nur vor den aufkommenden Herausforderungen zur Berichterstattung über rechte Strukturen kapituliert,..."



    Vermutlich ist das nicht einmal eine Überlegung gewesen.