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Machtwechsel in NigeriaLandwirtschaft als Geschäftsmodell

Ex-Agrarminister Adesina wird Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank. Er hinterlässt einen Sektor, in dem Reformen erfolgreich waren.

Der neue Boss: Akinwumi Adesina beim Jahrestreffen der Afrikanischen Entwicklungsbank. Foto: reuters

ABUJA taz | Er galt als einer der Hoffnungsträger und als jemand, der frischen Wind in die nigerianische Politik bringt: der 55-jährige Akinwumi Adesina. Nach fünf Jahren als Landwirtschafts- und Entwicklungsminister im Kabinett des am Donnerstag aus dem Amt geschiedenen Präsidenten Goodluck Jonathan setzte sich Adesina am selben Tag bei der Wahl zum neuen Präsidenten der Afrikanischen Entwicklungsbank durch. Offiziell antreten wird er den Posten mit Sitz in Abidjan (Elfenbeinküste) am 1. September.

Die Landwirtschaft, für die die Agricultural Transformation Agenda (ATA) entwickelt und 2012 gestartet wurde, gilt als einer der wenigen Sektoren, in denen Jonathan Erfolge vorweisen konnte. Zur ATA gehört das Programm Growth Enhancement Scheme (GES), an dem 20 Millionen Bauern teilgenommen haben. Sie wurden mit Handys ausgestattet und bekommen zum halben Preis staatlich subventionierten Dünger und Saatgut. Per e-wallet wird das bezahlt. Neben einem besseren Zugang für die Farmer sollte vor allem die Korruption eingedämmt werden. Adesina sagte, dass beim Handel mit subventionierten Düngemitteln von 1980 bis 2010 umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro verschwunden sein sollen.

Eine Reform des Ackerbaus war längst überfällig, da noch heute bis zu 70 Prozent der knapp 180 Millionen Einwohner in dieser Branche arbeiten. Die meisten sind Kleinbauern, die beispielsweise so gut wie keinen Zugang zu Krediten haben.

Durch die rasant wachsende Bevölkerung ist auch der Zukauf und die Vergrößerung von Anbauflächen schwierig. Deshalb gilt der Sektor gerade bei jungen Menschen als altbacken. Ihm haftet das Image von Spitzhacke und Ochsen an, mit denen die Felder gepflügt werden müssen.

Akinwumi Adesina, der meist mit Fliege auftritt und dem man am amerikanischem Akzent seine Zeit in den Staaten anhört, hat das aufgepeppt und vorgemacht, dass der Zweig modern und zukunftsträchtig sein kann. „Nigerianer werden aufhören, Landwirtschaft nur als Existenzgrundlage zu sehen, sondern mehr als einen Wirtschaftszweig“, hat er gerne gesagt.

Viele Nigerianer wünschen sich, dass auch der am Donnerstag vereidigte Neupräsident Muhammadu Buhari so denkt. Genügend Verständnis sollte er mitbringen, stammt er doch aus dem Bundesstaat Katsina im äußersten Norden Nigerias. In Sachen Entwicklung hat dieser nicht viel zu bieten. Nur Farmer gibt es reichlich.

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1 Kommentar

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  • Landwirtschaft als "Geschäftsmodell" anzupreisen, erscheint mir nicht erstrebenswert, weil solche Modelle all zu oft mit dem Gedanken eines Übervorteilens verbunden ist, bei der der eigene Vorsprung ausgenutzt wird. Ließe Landwirtschaft sich als ehrliche Arbeit ausweisen, von der man angemessen leben kann, für die man geachtet wird und die zudem gesunde, gern angenommene Lebensmittel erzeugt, wäre ein erstrebenswertes Ziel erreicht. Ein Zustand, der aber auch erhalten werden muss. Natürlich muss dann die Landarbeit so ertragreich sein, dass sie steigende Bedürfnisse decken kann, wie auch eine Mobilität in andere gewünschte Lebens- und Erwerbsverhältnisse zulässt.

     

    Wenn sich darauf ein sinnvoller Wirtschaftsaufbau errichten lässt, der die Bodenressourcen nicht dauerhaft schädigt sondern erhalten kann, weiteren Menschen ein Einkommen sichern, vor allem aber die Ernährung der Bevölkerung gewährleisten kann, dann umso besser.

     

    Was aber wird passieren, wenn Nigeria kein Erdöl mehr verhökern lassen kann? Spätestens dann muss eine Volkswirtschaft entstanden sein, in der alle ihr Auskommen und ihre Perspektiven finden können, woran es aber anscheinend jetzt schon in Nigeria mangelt, was die Handelspartner Nigerias in Europa bislang aber nicht genügend gestört hat. Die stört nur, wenn sich dann Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen.

     

    Das Geschäftsmodell der Korruption ist aber auch ein Wesenszug der Marktwirtschaft, die man allenthalben zu Gesicht bekommt. Korruption hat der Kolonialismus wie auch die Erdölkonzerne nicht beseitigt, wenn sie die nicht gar hervorgebracht oder begünstigt haben. Dagegen hilft nur eine wachsame Bevölkerung, die tatsächlich die faktische Macht ausüben und so für das Gemeinwohl sorgen kann.