Machtwechsel im römischen Rathaus: Kein Mann des Parteiapparates

Roms neuer linker Bürgermeister, Ignazio Marino, ist ein Quereinsteiger der Politik. Er soll hochkompetent sein, ist aber auch in seiner Partei umstritten.

„Was hat dieser Mann mit Rom zu tun?“: Jetzt ist Ignazio Marino jedenfalls das Stadtoberhaupt. Bild: ap

Die Mutter ist Schweizerin, der Vater Sizilianer, er selbst wurde in Genua geboren, seine Karriere als Chirurg machte Ignazio Marino vor allem in den USA. „Was hat dieser Mann mit Rom zu tun?“, fragte denn auch im Wahlkampf immer wieder sein Gegenkandidat, der scheidende Bürgermeister Gianni Alemanno.

Doch am Sonntag und Montag schickten die Wähler der Ewigen Stadt Alemanno nach Hause und bescherten dem 58-jährigen Marino einen triumphalen Sieg. Ein Seiteneinsteiger in die Politik zieht damit ins Rathaus auf dem Kapitolshügel ein, ein Mann, der bis 2006 eine glänzende Karriere als Transplantationschirurg hinlegte. Erst vor sieben Jahren zog Marino ins Parlament ein, als Kandidat der Linksdemokraten.

Schnell hatte sich Marino dort einen Ruf als hochkompetenter Gesundheitspolitiker erworben, schnell auch zeigte er, dass er unter mangelndem Selbstbewusstsein nicht leidet. Schon 2009 kandidierte er in den Urwahlen der Partito Democratico (PD – zu der die Linksdemokraten gehören) um den Parteivorsitz. Der Außenseiter erzielte einen Achtungserfolg, vor allem weil er jene Wähler mobilisierte, die sich eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat wünschen.

Dabei ist Marino überzeugter Katholik – ein Katholik allerdings, der sich in ethischen Fragen wie der Sterbehilfe offen gegen den Vatikan stellte. Eines ist der immer verschmitzt lächelnde Chirurg erwiesenermaßen gewiss nicht: ein Mann des Parteiapparates.

Auf Abstand zur eigenen Partei

So bekämpften denn auch große Teile der Demokratischen Partei seine Kandidatur als Bürgermeister, selbst nachdem er sich in den Primaries klar gegen alle parteiinternen Rivalen durchgesetzt hatte. Mit dem Nichtrömer und „zu linken“ Marino sei die Wahl einfach nicht zu gewinnen, hieß es aus den eigenen Reihen. Der Kandidat ging bewusst auf Abstand zur PD, ließ durchblicken, dass ihm die neue Regierung unter Enrico Letta, die mit der Berlusconi-Rechten koaliert, absolut nicht gefällt.

Die Wähler dankten es. In der Stichwahl erhielt Marino 64 Prozent. Und auf dem Kapitolsplatz, wo vor fünf Jahren die rechten Fans von Alemanno mit zum römischen Gruß gereckten Armen feierten, erklang das Partisanenlied „Bella Ciao“.

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