Machtkampf nach der Wahl: Gewalt in der Elfenbeinküste
Tote bei Auseinandersetzungen zwischen Gbagbo- und Ouattara-Anhängern in den Kakaogebieten, Demonstrationen in Abidjan: Vermittler Thabo Mbeki setzt die Gespräche fort.
BERLIN taz | Der Machtkampf in der Elfenbeinküste zwischen Präsidentschaftswahlsieger Alassane Ouattara und Amtsinhaber Laurent Gbagbo führt zunehmend zu politischer Gewalt. Wie die führende ivorische Zeitung LInter berichtet, sollen in der westivorischen Stadt Issia 17 Menschen getötet worden sein, als Anhänger Gbagbos in der Nacht zum Samstag oppositionsnahe Stadtviertel angriffen. In Issia hatte Gbagbo die Stichwahl gewonnen. Fünf Tote, davon drei Ouattara-Anhänger und zwei Gbagbo-Anhänger, zählte Ouattaras Parteizeitung Patriote in der Stadt Dabou nördlich von Abidjan.
Die mauretanische Nachrichtenagentur AMI berichtet, in Issia und auch in Dabou seien Geschäfte im Besitz mauretanischer Einwanderer geplündert worden. Radikale Gbagbo-Anhänger haben in der Vergangenheit mehrfach in der Elfenbeinküste westafrikanische Einwanderer angegriffen und halten auch Ouattara samt seiner Anhängerschaft für Ausländer, die kein Recht hätten, die Elfenbeinküste zu regieren.
Mehrere hundert Ivorer sind mittlerweile aus dem Südwesten der Elfenbeinküste nach Liberia geflohen. Ehemalige liberianische Bürgerkriegsmilizen könnten aus der Krise in der Elfenbeinküste Kapital schlagen und ihre Dienste als Schlägertrupps bei ethnischen Pogromen anbieten, fürchten Beobachter.
Die ivorische Metropole Abidjan selbst bleibt derweil weitgehend ruhig. Das Gbagbo-treue Militär hat den Beginn der nächtlichen Ausgangssperre von 19 auf 22 Uhr verschoben und die Schließung der Grenzen aufgehoben. Doch am Montagmorgen löste die Polizei in mehreren Stadtvierteln Demonstrationen von Ouattara-Anhängern mit Tränengas auf.
Sowohl Gbagbo als auch Ouattara haben am Wochenende eigene Regierungen gebildet. Ouattara, der sich im Hotel du Golfe aufhält, bestätigte den bisherigen Premierminister Guillaume Soro, Führer der nordivorischen Rebellenbewegung FN (Forces Nouvelles) im Amt. Gbagbo ernannte im Präsidentenpalast den weitgehend unbekannten Intellektuellen Aké Gilbert Marie Ngbo zum Regierungschef.
Der von der Afrikanischen Union (AU) entsandte Vermittler Thabo Mbeki aus Südafrika traf am späten Sonntag mit Ouattara zusammen, den er mit "Präsident" anredete. Ouattara forderte Mbeki dazu auf, Gbagbo zum Eingeständnis seiner Wahlniederlage zu überreden. Die Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) will sich am heutigen Dienstag auf einem Sondergipfel in Nigeria mit der Lage in der Elfenbeinküste beschäftigen. Sowohl AU als auch Ecowas haben im Einklang mit der UNO Ouattara als gewählten Präsidenten anerkannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett