Machtkampf in der SPD Berlin: Nadelstiche gegen den Verlierer
Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini gehen fest davon aus, SPD-Chef:innen zu werden. Die Politik von Noch-Parteichef Saleh halten sie für überholt.
![Das Bild zeigt Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel Das Bild zeigt Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel](https://taz.de/picture/6961085/14/imago0447989053h-1.jpeg)
Entsprechend siegessicher gibt sich das dem rechten Lager zugeordnete Duo, dass sie nun auch die Stichwahl gegen die Parteilinken Kian Niroomand und Jana Bertels gewinnen werden. Böcker-Giannini schüttelt jedenfalls vehement den Kopf, als sie am Montag gefragt wird, ob sie es für möglich hält, dass sie und Hikel Ende Mai nicht die Nachfolge der Noch-SPD-Vorsitzenden Raed Saleh und Franziska Giffey antreten werden.
„Unser Konzept ist fortschrittlicher als die Politik, die die SPD in den letzten zehn Jahren gemacht hat“, gibt die im Herbst 2023 auf unfeine Weise von SPD-Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger gefeuerte Staatssekretärin die Linie vor.
Dazu gehört für Böcker-Giannini und Hikel auch, dass die generelle Gebührenfreiheit in Kita und Schule auf den Prüfstand kommt. Wer mehr verdient, soll zahlen. Ab welcher Einkommensgrenze, will man sich „dann anschauen“. Wie die beiden nach ihrem sicher geglaubten Sieg überhaupt erst mal nur „ergebnisoffen“ viel „schauen“ und „hinterfragen“ wollen.
Linkes Wording schadet nie
Die von ihnen als falsch und überholt kritisierte Gebührenfreiheit ist das zentrale Thema von Raed Saleh, der mit Luise Lehmann an seiner Seite bei der Befragung der SPD-Basis mit nur rund 15 Prozent der Stimmen sein Waterloo erlebte und nun als Parteichef abdanken muss. Saleh war es dann auch, der Hikel und Böcker-Giannini im Wahlkampf als das Duo aus der Kältekammer dargestellt hatte, weil sie „sozialdemokratische Errungenschaften kaputtmachen“ wollen.
„Wir stellen an dieser Stelle die Verteilungsfrage und sagen klar, dass die Kostenfreiheit für alle kein Selbstzweck sein darf“, so Böcker-Giannini. Ihnen gehe es um Qualität und „Umverteilung von oben nach unten“. Linkes Wording kann in der anstehenden Stichwahl nicht schaden.
Dass Raed Saleh ungeachtet seiner Schlappe an der Basis weiterhin Fraktionschef im Abgeordnetenhaus bleiben will, wollen Hikel und Böcker-Giannini offiziell nicht bewerten. Allein die SPD-Abgeordneten sollen entscheiden, ob sie Saleh weiter an ihrer Spitze sehen wollen, sagt Martin Hikel – nur um dann rasch hinterherzuschieben: „Aber die Fraktion wird ja nicht ignorieren, das am Samstag entschieden wurde, dass es den Willen zu einem Neustart gibt.“ Was auch Hikel weiß: Bislang deutet alles auf das Gegenteil hin.
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